meine resümees der wintertagung 2013 des ökosozialen forums


ich habe mich heute in neuland gewagt: in die agrarpraxis und -politik. genauer: auf die wintertagung des ökosozialen forums. auf die 60. wintertagung. geburstagstagung. thema: “intensivierung? ja, aber nachhaltig!”

resümee 1 – das positive: ich fand’s sehr interessant. inhaltlich war viel neues für mich dabei, weil ich ja (leider) so überhaupt keinen landwirtschaftlichen hintergrund habe, dafür umso mehr wertschätzung. besonders spannend war, die stimmungen einzufangen, die befindlichkeiten. was die österreichischen bäuerinnen und bauern bewegt, kannte ich ja bisher nur aus diverser literatur über sie. aber niemals habe ich so geballt so viele wortmeldungen von ihnen gehört.
da war ganz viel die rede vom “unternehmertum landwirt” (niki berlakovich und landwirtschaftskammer-präsident gerhard wlodkowski), davon, dass wir “kein agrarpolitisches disneyland sind” (ösf-präsident stephan pernkopf), von “spaß” an der tätigkeit, von “mut”, “wir brauchen einkommen!”, “ich bin bauer geworden aus demselben grund, wie sie sich ihre berufe ausgesucht haben: weil es mir spaß macht und weil ich was verdienen will.”, “wenn die handelspolitik nicht kostendeckende preise garantiert, muss es die öffentliche hand tun.” und “fair trade darf nicht bei den bananen aufhören!” (alles publikumsmeldungen) und “ich wünsche mir eine agrarpolitik, die möglichst unabhängig von förderungen macht. und vom handel. weniger direkte förderungen, aber gleichzeitig preise von denen man leben kann.” (hans gmeiner, redakteur der salzburger nachrichten und landwirt).
von bischof schwarz aus gurk kam meine lieblingsausführung: die landwirtschaftliche produktion müsse einer “verträglichkeitsprüfung” unterzogen werden: sie müsse auf umweltverträglichkeit geprüft werden, auf soziale verträglichkeit, verträglichkeit zwischen generationen und internationale verträglichkeit.

resümee 2 – das negative: publikum und referentInnen waren nicht sehr durchmischt, aber es waren einige bio-anhängerInnen da, die arbeiterkammer, der gewerkschaftsbund, die via campesina, global2000.
und was passierte? über weite strecken wollte man sich nicht verstehen, bisweilen missverstand man sich absichtlich, hin und wieder gab’s hackl ins kreuz, und mitunter feindseligkeiten. so von der eu-parlamentarierin elisabeth köstinger (övp), die in einem nebensatz von immer-wieder-einmal-fast-konsensen mit den grünen erzählte, die von den grünen vereitelt würden, was sie verstünde, denn dagegen-sein sei ja eine oppositionelle strategie. gewerkschaftsbund-präsident erich foglar sprach von lebensmittelpreisen, die in den vergangenen zehn jahren stärker gestiegen seien als der verbraucherpreisindex, sagte aber sofort dazu “wir schauen grundsätzlich auf die preise, in allen bedürfnisfeldern.” und “das ist keine bösartigkeit gegen die landwirtschaft.” prompt kam eine replik aus dem publikum, dass ak und ögb immer auf die bauern hinhackten, umgekehrt nie: “die arbeiterkammer und der gewerkschaftsbund sagen immer: ‘die lebesnmittelpreise steigen.” die landwirtschaftskammer sagt nie: ‘die löhne sind zu hoch.'” eine vertreterin der ak stieß sich daran, dass die “ökologischen vorrangflächen”, die die eu-kommission in ihrem vorschlag für die neue gap drin hat, von berlakovich und pernkopf laufend als “flächenstilllegung” bezeichnet wurden. ökologische vorrangflächen sagte dennoch bis zum ende der tagung niemand auf dem podium. als neues tool gab’s sms-live-befragungen, drei an der zahl mit je zwei antwortmöglichkeiten. die fragestellungen waren zwar nicht  suggestiv (im grammatikalischen sinn), die antworten aber immer vorhersehbar: “ist die von der eu-kommission vorgeschlagene flächenstilllegung von 7 prozent ethisch richtig?” 80 prozent nein. darauf zerriss es irmi salzer von der via campesina. ihre wortmeldung war emotional-aggressiv. ähnlich jene einer global2000-vertreterin gegen ende der tagung, die pernkopf angriff und ihn fragte, warum es denn, bitte, bei aller beschworenen nachhaltigkeit und umweltfreundlichkeit trotz intensivierung in der österreichischen landwirtschaft gebeizten mais gebe, warum nicht verpflichtende fruchtfolgen, wo die nachhaltigkeit in der fleischproduktion sei, für die soja importiert werde, das zum teil gentechnisch verändert sei, und warum, bitteschön, die bienen stürben. (bei den bienen gab’s gelächter unter den aus wieselburg angereisten josephinum-schülern und den mädels aus sitzendorf, die beim bier-umtrunk nach der tagung “auf die bienen” tranken.)
ist das, frage ich mich, wirklich nötig?!

sehr viel war den ganzen tag über die rede von kommunikation, auch von kooperation. ich mag kampfrhetorik nicht, weil ich sie für destruktiv halte, und auch nicht absichtliches missverstehen und hackl-ins-kreuz-hauen. ich mag diplomatie als konstruktivere art, diskussionen auszutragen. das mag meiner harmoniebedürftigkeit geschuldet sein oder meiner naivität. egal, so bin ich und so hätte ich gerne, dass kommuniziert wird.