kinder, kinder, endlich wieder!

kinder, kinder, endlich wieder!


lange lange hat mich mein eigenes kind (achtung, vorwand! in wahrheit ist’s die prioritätensetzung: zeit mit dem kind zu verbringen, ist noch ein alzerl besser als schreiben …) vom blogeintragschreiben abgehalten. jetzt gibt’s endlich wieder einmal einen beitrag!

ich hatte die ehre, mein im lauf der letzten jahre theoretisch und praktisch angesammeltes wissen ums essen mit kindern für den falstaff zusammenzufassen. herausgekommen ist das. nachzulesen noch viel schöner in der aktuellen printausgabe. freu mich!

bruckfleisch, endlich!

bruckfleisch, endlich!


seit acht jahren reden wir davon. seit der liebste und ich beim lurgbauern eines gegessen haben, das himmlisch geschmeckt hat. der lurgbauer, der uns erklärt hatte, dass bruckfleisch eine herausforderung sei, weil jede ingredienz ihre eigene kochzeit habe. seit damals schwebte es als hehres letztes ziel unserer nose-to-tail-kochambitionen weit, weit vor uns. wenn wir alles andere beherrschten – rahmherz, beuschl, geröstete leber –, dann würden wir uns drüberwagen.

jetzt kam es uns zuvor. und das kam so:

ich schreibe gerade an einer nose-to-tail-serie, für die ich ingo pertramer, mastermind von ochs im glas, interviewt habe. auf meine frage nach dem kulinarischen highlight der zwei rex-wochen antwortete er ohne überlegen: bruckfleisch! weil es phantastisch schmecke, und gar nicht nach innereien.
im zuge der weiteren recherchen kam es mir in diversen kochbüchern immer wieder unter. no na, ist ja ein klassiker der österreichischen küche. so schwierig hat es sich in den rezepten nicht gelesen. als ich dann noch den fleischfred wegen der foodcoop-osterfleischbestellung anrief, bei der gelegenheit fragte, ob wir von ihm auch eine bruckfleischmischung haben könnten und er “selbstverständlich!” antwortete, war der entschluss gefasst: wir haben noch lange nicht alle innereien durch, aber wir ziehen das bruckfleisch jetzt vor!

es zu kochen, war überhaupt keine herausforderung. wir haben es nach manfred buchingers rezept aus seinem schrägen bio-kochbuch (kneipp-verlag 2006) und jenem aus dem kronländer-kochbuch von christoph wagner und adi bittermann (pichler-verlag 2008) gemacht: langes schmurgeln mit viel rotwein und wurzelgemüse, mehr ist es nicht.

es zu essen, war auch keine herausforderung. weil es wirklich ausgesprochen köstlich schmeckt. ich stimme ingo pertramer nicht zu, man schmeckt die innereien schon. das viele süßliche wurzelgemüse nimmt ihnen aber die groben ecken und kanten. mit rotwein und kräutern (und semmelknödel) insgesamt eine sehr, sehr runde sache.

dank der wunderbaren foodcoop-fleischfreundschaft mit dani und fred von der boa-farm war auch die beschaffung keine herausforderung.

dennoch gab es derer drei:

erstens: die ingredienzien zu erkennen, die da aus dem boa-sackerl rutschten. jaja, lacht nur! wer auf anhieb weiß, wie z. b. bries ausschaut, werfe den ersten stein!

zweitens: die zuputzung. wie fein schneidet man die liechteln? muss die leber jetzt von den blutgefäßen befreit werden? die milz aus ihrer haut geschabt? (die einschlägigen kochbücher geben dazu keine auskunft, lediglich bei den milzschnitten für die suppe steht, dass man die milz schaben muss. zum glück war michael vesely vom reisingers gerade online, um mir die milzfrage rasch beantworten zu können: “nur schneiden!”)

drittens: die menge unter die leut’ zu bringen. wir haben in unserer euphorie gleich zwei kilo bruckfleischmischung bestellt (die rezepte sehen jeweils ein kilo vor), dabei gab’s außer uns nur eine fixstarterin. ein schneller rundruf in der erweiterten großfamilie brachte viel feigheit ans tageslicht, aber keine spontanen mitesserInnen. (wir haben dann am nächsten tag noch einmal bruckfleisch geschmaust und darüber hinaus einige gurkengläserladungen an die mutigen unter unseren family and friends verteilt. auch die liebe frau nachbarin, 81, wurde bedacht. “das haben wir früher so gerne gegessen. dass es das überhaupt noch gibt!”)

die fotos sind eine katastrophe, wir haben wieder einmal vor lauter geschäftigkeit und essensfreude aufs fotografieren vergessen. das darf den gesamteindruck aber nicht schmälern: bruckfleisch ist köstlich, das kommt künftig regelmäßig auf den tisch!

zutaten:
2 kg bruckfleischmischung (vom rind), das waren bei uns konkret:
440 g zwerchfell (“kronfleisch”)
100 g aorta (“liechteln”)
330 g herz
350 g leber
100 g bries
460 g milz
(die differenz auf die 2 kilo ist die milz, die wir für milzschnittensuppe abgezweigt haben)
600 g zwiebeln
120 g schmalz
120 g rapsöl (schmalz war leider aus)
1 l rotwein
je 400 g karotten, zeller, pastinaken
4 zehen knoblauch
4 lorbeerblätter
thymian
majoran
salz
pfeffer
2 el mehl

zubereitung:
[wir haben’s im staub-topf gemacht und aus organisatorischen gründen am vorabend, das heißt, unser bruckfleisch gab’s aufgewärmt. ob ihm das gutgetan hat, kann ich nicht sagen, wir haben ja noch keinen vergleich.]
alle fleischigen zutaten in zirka halbzentimeterdicke stücke bzw. scheiben schneiden.
zwiebeln würfeln, in fett hellbraun rösten, mit etwas rotwein ablöschen.
kronfleisch, liechteln, herz und leber zugeben, auch die gewürze. zirka eine stunde zugedeckt in wenig saft schmoren.
in der zwischenzeit das wurzelgemüse grob reiben (haben wir faulerweise die kitchenaid machen lassen).
bries und milz sowie das wurzelgemüse in den topf, mit dem restlichen rotwein aufgießen, aufkochen lassen und auf mittlerer flamme eine weitere stunde zugedeckt schmoren. die fleischigen teile sollten dann alle zart und weich sein. das wurzelgemüse hat sich bei uns zum schluss schön zerkocht und das saucerl angebunden.
die bindung haben wir kurz vorm essen mit ein bissl mehl verstärkt.
dazu gab’s  serviettenknödel.

und wo ist da das große ganze?

und wo ist da das große ganze?


echtzeit. mittagspause. ich verbringe sie auf derstandard.at.

“Wasser, Kokosöl ungehärtet (23 %), Kartoffelstärke, modifizierte Stärke, Salz, Stabilisatoren: Natriumpolyphosphat, Natriumcitrat; Aroma, Konservierungsstoff: Sorbinsäure, Farbstoff: Beta-Carotin, Trennmittel: Kartoffelstärke”

das geht so zusammen: in der leiste rechts auf der standard-seite erscheint ein rezept für kässpätzle mit röstzwiebeln. vegan. die zutatenliste oben ist jene vom veganen käse, der für die -spätzle empfohlen wird (quelle). er heißt “pizzaschmelz”. käse darf er nicht heißen, das wäre eine täuschung, und davor schützt uns die eu-lebensmittelinformationsverordnung (ja, das ist die, die seit 13. dezember 2014 den gastronomen allergenkennzeichnung vorschreibt). “analogkäse” ist er technologisch. und der war vor wenigen jahren erst gegenstand eines lebensmittelskandals. heute ist er zutat eines ernährungstrends.

ich muss nicht alles verstehen!

 

 

 

 

 

ö1 isst bio-fleisch. nachhören!

ö1 isst bio-fleisch. nachhören!


paul schiefer hat für das ö1-wirtschaftsmagazin saldo die ökonomische dimension der nachhaltigen fleischproduktion beleuchtet. ich finde, das ist ihm hervorragend gelungen.
ab 10:44 darf ich den beitrag mit meinem senf aus der konsumentInnen-und-ernährungsexpertInnen-kombinationsperspektive garnieren.

hier geht’s zur ö1-sendung. nachhören ist bis freitag, 23. jänner 2015, 9 uhr, möglich.

und weil heute freitag ist und das so gut passt, möchte ich diesen beitrag hiermit auch für den tierfreitag nominieren.

 

milch-freude!

milch-freude!


dieser tag, der mich punkto milch dermaßen geärgert hat, hat eigentlich milchmäßig so schön angefangen. und das schöne soll bleiben, deshalb muss ich gleich noch einen beitrag schreiben.
[nachtrag einen tag später, also freitag, 31. oktober, verlinke ich ihn mit katharina seisers initiative tierfreitag. sie dient u.a. “der Vorstellung jener Menschen und ihrer Projekte und Betriebe, die beim Thema Tierhaltung weiter gehen, als es die Gesetzgebung und auch die Bio-Verbände derzeit von ihnen verlangen”. passt perfekt!]

heute früh bin ich vor dieser flasche milch gesessen. wir haben sie in der foodcoop, und sie ist eine der besten milchs, die ich jemals geschmeckt habe. heute in der früh hat mich urplötzlich interessiert, ob die marksteiners eigentlich selber pasteurisieren oder an eine molkerei liefern. praktischerweise steht die telefonnummer der familie auf der flasche, ich habe also angerufen. und jede menge vom herrn marksteiner senior erfahren, das mich froh macht und diese milch zu einer noch besondereren für mich.

die marksteiners haben 22 milchkühe. sie leben im vollerwerb davon, und offenbar gut, denn herr marksteiner sagt zum beispiel über die zusammenarbeit mit der bersta (einer bio-bauerngenossenschaft, die unsere foodcoop u.a. mit milch beliefert), “wir sind sehr zufrieden”. seit 1986 ist der betrieb bio. er selbst ist mittlerweile der senior, sein sohn, noch boku-student, hat den hof übernommen. und das gerne, “er sagt, er kann ohne die kühe nicht leben.”
die kühe. die leben auf der weide und im laufstall. fressen heu, keine silage, und ein bissl getreide, “was wir selbst halt haben, hauptsächlich triticale”. das quetschen sie den kühen, sagt herr marksteiner, sogar zu flocken, weil sie es so leichter verdauen können. man sei auch wieder dazu übergegangen, den tieren die hörner zu lassen. “das braucht zwar mehr platz, ist aber besser für sie.”
verarbeitet wird die milch am hof, das heißt die wertschöpfung bleibt hier. pasteurisiert, zu jogurt und fruchtjogurt, wenn’s die mengen zulassen, auch zu topfen.
und immer wieder kommen auch schulkassen. die hupfen dann im heu herum, kaum ein kind kostet die milch nicht, und vor allem die stadtkinder sagen oft “so eine gute milch gibt’s bei uns gar nicht.”
“kommts einmal vorbei!” sagt herr marksteiner noch, als ich ihm von unserer foodcoop und von meinem zugang zum essen erzähle. ja, das mach’ ich gerne!

so ist das mit meiner milch. sie ist in vielerlei hinsicht nachhaltig. das mosaik, das gesamtbild, ist schön.
(weil mir die umfassende, differenzierte betrachtung so wichtig ist, will ich aber auch nicht verschweigen, dass mich ein steinchen noch ein bisschen stört: dass die kälber wie immer in der konventionellen und fast immer in der bio-milchwirtschaft früh von den mutterkühen getrennt werden, das behagt mir nicht. ich rufe herrn marksteiner noch einmal an, weil ich wissen will, wie das bei ihnen genau ist: die kälber bleiben eine woche bei den mutterkühen, danach werden sie so getrennt, dass sie nicht mehr saugen können, aber ein gewisser sozialkontakt in form von blickkontakt bleibt. getränkt werden sie weiterhin mit echter milch.
das ist vielleicht nicht die überhaupt beste lösung, aber es ist die beste, von der ich weiß und die mir auch zugänglich ist. milch aus muttergebundener kälberaufzucht ist mir nämlich immer noch nicht untergekommen.)

die marksteiner-milch ist für mich also – einer umfassenden qualitätsbetrachtung unterzogen – eine der besten. die leidige gesundheitsfrage stellt sich mir nicht.
und das telefonat heute in der früh war so freundlich, so positiv, dass ich ganz beschwingt war … ja, und das zähle ich auch zu meiner umfassenden qualitätsbetrachtung dazu!

 

milch-bashing, nächste runde … und bisher die dümmste

milch-bashing, nächste runde … und bisher die dümmste


das milch-bashing geht in die nächste runde! “drei gläser milch am tag können tödlich sein” titelte die bild-zeitung gestern als ihr resümee einer schwedischen studie, erschienen im british medical journal.
und nicht nur die bild-zeitung hat das thema geifernd aufgegriffen. ich hab’ kurz gegoogelt, jetzt ist mir schlecht.

ich habe mich ja schon mehrfach echauffiert über die unausgewogenheit der medialen berichterstattung rund um das thema milch. der bild-titel ist jetzt mit abstand das dümmste ist, was ich dazu bisher gelesen habe. ich koche vor wut. kann man eigentlich den presserat wegen fahrlässiger verbreitung von falschinformationen einschalten?

verdammt noch einmal, lest die studien, und wenn ihr sie nicht versteht, dann haltet den mund!

hier die zusammenfassung der autorInnen aus dem originalpaper: “A higher consumption of milk in women and men is not accompanied by a lower risk of fracture and instead may be associated with a higher rate of death. Consequently, there may be a link between the lactose and galactose content of milk and risk as suggested in our hypothesis, although causality needs be tested using experimental study designs. Our results may question the validity of  ecommendations to consume high amounts of milk to prevent fragility fractures. The results should, however, be interpreted cautiously given the observational design of our study. The findings merit independent replication before they can be used for dietary recommendations.”

ich darf übersetzungstechnisch ein bissl nachhelfen: “may be” heißt “kann sein”, nicht “ist”. “associated” heißt “verbunden”, und das wiederum kann kein kausalzusammenhang sein “given the observational design of our study”, also “aufgrund des beobachtenden studiendesigns”. “interpret cautiously” heißt “vorsichtig interpretieren”, und “findings merit replication before used for recommendations” heißt “die ergebnisse benötigen wiederholungen, bevor sie für empfehlungen genutzt werden können”.

heißt irgendwas davon “drei gläser milch am tag können tödlich sein”?! eben!

die autorInnen diskutieren sogar, dass ursache und wirkung verkehrt sein könnten: “Theoretically, the findings on fractures might be explained by a reverse causation phenomenon, where people with a higher predisposition for osteoporosis may have deliberately increased their milk intake.”

ich sage nicht, dass studien wie diese vom tisch gewischt werden sollten. wissenschaft ist dauernd im fluss, jedes studienergebnis ist ein weiteres mosaiksteinchen in einem gesamtbild. aber das ist der punkt: das gesamtbild besteht aus vielen, vielen steinen. und ein stein ändert niemals das ganze bild.

und dann gibt es neben den gesundheitssteinen noch die kultursteine (milchwirtschaft ist z.b. untrennbar mit der österreichischen kultur verbunden), die sozialsteine (zahlreiche bäuerInnen leben von der milchwirtschaft), die umweltsteine (kühe können aus für uns unverdaulichem gras das gut verdauliche, hochwertige lebensmittel milch machen), die tierwohlsteine (wie werden denn die milchviecher gehalten?) und viele andere mehr.

leute, bitte schaut doch endlich aufs ganze bild!!!

rinderherz, da will ich mehr!

rinderherz, da will ich mehr!


das ist mit sicherheit der eintrag mit dem schlechtsten bild bisher. dafür ist es endlich wieder einmal überhaupt einer! aufs fotografieren haben wir am samstag leider in der hitze des gefechtes komplett vergessen – unverzeihlicher fehler, aber leider nimmer zu ändern. auf dem bildausschnitt ist zumindest noch ein schüsserl drauf, in dem das rahmherz drin war …

vielleicht gelingt’s mir, unsere begeisterung mit nur worten zu transportieren. hoffentlich. (und auch wenn’s auf den ersten blick nicht so ausschaut, passt dieser beitrag dennoch zum tierfreitag.)

2014 ist ja unser jahr der innereien. leber war schon. dennoch sind wir schwer im verzug, das bruckfleisch schaffen wir heuer sicher nimmer. aber wir sind einen schritt weiter. und was für einen überaus köstlichen, wahnsinn! am samstag war also das rinderherz dran.

1,2 kilo hatte das trumm, es war, wie immer, vom fleischfred, also der boa-farm. (ja, von dem betrieb, wo ich schon schlachten und häuten war. wo rindviecher so gehalten werden, wie es nach meinem ermessen nicht besser sein könnte.) röhren und schläuche fanden wir darin zu meinem großen naturwissenschafterinnen-leidwesen nimmer, die schneidet der fred offenbar vorher heraus (muss ich ihn das nächste mal fragen). eine haut war aber rundherum, die haben wir aus faulheit nicht abgezogen. hat sich im nachhinein auch als nicht nötig erwiesen.

da das rezept (“gespicktes rahmherz”) vom goldenen herrn plachutta spicken vorsah und wir uns, weil ja unsere erste herzerfahrung, streng ans rezept halten wollten, brauchten wir die hilfe unserer 81-jährigen nachbarin, deren wohlsortierte und vielbenutzte küche in einer lade eine spicknadel bereithält. so also zog mein liebster labonca-weißspeck in streifen ins rinderherz.

ebendieses wurde dann beidseitig gesalzen und gepfeffert, und in der geliebten gelben cocotte scharf angebraten, herausgenommen. das rösten ging weiter mit gewürfeltem zwiebel und wurzelgemüse, zum schluss etwas paradeismark. aufgießen mit suppe, herzerl wieder hinein, lorbeerblatt dazu. deckel drauf, ab ins rohr, und zwar drei stunden bei 180 grad. (das goldene originalrezept sieht eindreiviertel stunden vor, arbeitet aber auch mit kalbsherz. das größere, ältere rinderherz brauchte erwartungsgemäß länger.)

jetzt wurde es dann ein bissl trabig, weil der erste gast schon geklingtelt hatte. mein herz also nahm schnell das herzerl wieder heraus und schnitt es in “gefällige stücke” ((c) plachutta). ich rührte in der zwischenzeit ein rahm-mehl-g’machtl in die wurzelsoße (wahnsinns-geschmack, schon vor dem rahm, aber ohne rahm ist’s halt kein rahmherz …), einmal aufkochen, und dann feinst pürieren.

dazu reichten wir, streng nach plachutta, bandnudeln.

und, ich sag’ euch was, ich hab’ schon lang nimmer so eine geschmacksneuerlebnis gehabt!

wie schmeckt herz? ein bissl leberig, aber viel weniger stark wie leber. von der konsistenz sehr, sehr muskulös (nona), aber feinfasrig und nach der langen garzeit unglaublich mürbe. und die soße dazu war überhaupt der wahnsinn.

danke, herr plachutta, für die goldene anleitung! danke, fred und dani, dass ihr so super rindviecher und eure rindviecher so super haltet! und danke an unsere neugierde, die uns wieder einmal eine horizonterweiterung beschert hat, um die’s unedlich schade gewesen wäre, sie sich entgehen zu lassen.

herz ist trumpf!

gut sein

gut sein


heute geisterte ein video durch facebook, angeblich eine thailändische werbung. es begleitet einen mann, der gutes tut, einfach so. und nichts davon hat, außer dank, freude, liebe.

ist das pathetisch? naiv? dumm? muss man sich schämen, wenn man jenseits der 20 immer noch glaubt, die welt könnte besser werden? belächeln lassen muss man sich mit dieser haltung definitiv, vor allem im beruflichen umfeld.

dazu fällt mir ein, was ich in der fb-chronik eines brasilianischen freundes kürzlich gelesen habe: “gut-sein ist kein synonym für blöd-sein, gut-sein ist eine tugend, die einige idioten nicht verstehen.” [die quelle ist dieselbe wie jene fürs beitragsbild.]

und, was anton hofreiter in einem moritz-von-uslar-zeit-interview kürzlich sagte: “[…] ist eine Vorstellung von Leuten, die glauben, dass Gutmenschentum etwas prinzipiell Schlechtes ist. Und die sich nicht bewusst machen, dass das Gegenteil vom Gutmenschen der Schlechtmensch ist.”

ist gut-sein pathetisch? ja! mein gott, was hat diese gesellschaft angst vor dem pathos! haha, der duden sogar schreibt: “bildungssprachlich, oft abwertend”.

naiv, dumm? schämen? belächelt werden? muss mir egal sein. gut-sein ist für mich eine lebensgrundlage. wie essen und trinken. ich glaube an das gute in anderen, und ich glaube, dass die welt sukkzessive besser wird, und ich glaube, dass ich mein scherflein dazu beitragen kann, und, ja, ich will, ich muss meinen beitrag leisten.

sollte dieses mein weltbild einst zusammenbrechen, dann werde es auch ich tun. bis dahin lasse ich mich belächeln, auslachen, für naiv, von mir aus auch für dumm halten.

ich kann sowieso nicht anders!

 

isch wollte, autriche könnte un petit peu sein wie frongreisch!

isch wollte, autriche könnte un petit peu sein wie frongreisch!


ich bin im zuge der recherchen für mein fibl-projekt schule des essens wieder einmal auf was höchst erfreuliches gestoßen!

“wie man zählen lernt, so lernt man auch essen.”, “lebensmittel und kochkenntnisse schätzen”, “erhalten und fördern des kulinarischen erbes”, “nachhaltige produktionsweise ermuntern”, “biologische landwirtschaft entwickeln”, “echte annäherung ans essen, nicht nur nährstoffbasiert”, “dem kosumenten die lust und die freude am essen zurückgeben”, das und noch vieles mehr steht in einem offiziellen (!) französischen dokument, dem nationalen ernährungsprogramm nämlich. das nicht das gesundheitsministerium herausgegeben hat, sondern jenes für landwirtschaft, ernährung, fischerei, ländliche gebiete und regionale entwicklung.

von “gesund” ist darin kaum die rede, es heißt stattdessen “gut” und “zugang zu einer qualitätsvollen ernährung für alle” und selbst “ausgewogen” kommt nur in kombination mit “plaisir” vor.

da muss ich mir schon wieder was wünschen: so einen zugang zum essen nämlich, und zwar bitte sowohl bottom-up als auch top-down!

[download des programme national pour l’alimentation hier. dem dokument ist auch das beitragsbild entnommen.]

wo ist die evidenz in der ernährungsforschung?

wo ist die evidenz in der ernährungsforschung?


[der text ist in der ernährung heute 1/2014, einem fachmagazin des forum. ernährung heute – verein zur förderung von ernährungskommunikation, erschienen.]

Es gab eine Zeit, da entschied ein Arzt nach seinem Gutdünken über die Behandlung. Ob sie wirksam war oder gar schädlich, stellte sich oft erst im Nachhinein heraus. Der Aderlass ist vielleicht das bekannteste Beispiel für eine Methode, die viel Schaden und wenig Nutzen anrichtete, sich aber von der Antike bis ins 19. Jahrhundert gehalten hatte.
Heutzutage ist das zum Glück anders. In der Medizin hat es sich durchgesetzt, dass eine Behandlung auf ihre Wirksamkeit hin überprüft, also evidenz-basiert, sein muss. Das gilt auch für die Ernährungswissenschaft. Alle großen Fachgesellschaften formulieren ihre Empfehlungen auf der Basis der wissenschaftlichen Evidenz.

Berechtigte Zweifel?
“Wer gesund lebt, ist selber schuld!“(1), „Ernährung: Fleischesser sterben – Vegetarier auch!“(2) oder „Ernährungsregeln: Wo bleiben die Daten?“(3) Wir kennen sie, die Querschüsse gegen die gängigen Ernährungsempfehlungen. Oft kommen sie aus den eigenen Reihen: Udo Pollmer, Nicolai Worm, Ulrike Gonder, Uwe Knop, um die prominentesten im deutschsprachigen Raum zu nennen. Dass drei dieser Herrschaften ErnährungswissenschafterInnen sind und auch der vierte, Pollmer, als Lebensmittelchemiker das wissenschaftliche Handwerk beherrscht, macht das Entkräften ihrer Argumente mitunter schwierig. Aber muss man sie überhaupt entkräften? Haben sie nicht vielleicht sogar Recht?

Ich bin ein skeptischer Geist. Will nichts vom Tisch wischen, ohne es mir vorher genauer anzuschauen. Halte Augen und Ohren in alle Richtungen offen. Und schließe niemals aus, eine gefasste Meinung zu revidieren. Deshalb haben mich die Querschüsse immer schon interessiert. Ihnen nachzugehen, ist zeitaufwändig, deshalb habe ich das laufend verschoben. Bis ich kürzlich auf ein Editorial von John Ioannidis, Stanford-Professor für Medizin, Gesundheitsforschung und -policy sowie Statistik, im British Medical Journal vom November 2013 stieß. „Viele Studienergebnisse sind völlig unglaubwürdig“, schreibt er, „fast jeder erdenkliche Nährstoff“ sei bereits „mit fast jedem Ergebnis“ verknüpft worden, vor allem die Ernährungserhebungen und die verzerrenden Wirkungen von Confoundern erachtet er als problematisch. Auch „eine weitere Million Beobachtungs- oder kleine Interventionsstudien werden keine endgültigen Lösungen liefern“ (Ioannidis, 2013).

Fehlende Evidenz?
Gerd Antes, Direktor des Deutschen Cochrane Zentrums, einer Zweigstelle der Cochrane Collaboration, die sozusagen ein Evidenz-Leuchtturm im Meer der biomedizinischen Forschung ist (siehe Infos am Ende), stößt ins selbe Horn: „Die Ernährungswissenschaften sind in einer bemitleidenswerten Lage. Studien in diesem Bereich sind von vielen unbekannten oder kaum messbaren Einflüssen abhängig. Deswegen gibt es immer wieder völlig widersprüchliche Ergebnisse“, sagte er im April 2011 zur Süddeutschen Zeitung (Bartens, 2011).

Fachgesellschaften, wie ÖGE, DGE, American Heart Association und andere, sowie öffentliche Institutionen, wie WHO, Ministerien, AGES, EFSA etc., arbeiten mit der wissenschaftlichen Evidenz als Basis. Dennoch stehen auch sie immer wieder im Kreuzfeuer der Kritik, beispielsweise zu schwerfällig auf neue Forschungsergebnisse zu reagieren oder ihre Empfehlungen nicht rasch genug (oder überhaupt nicht) anzupassen. Mitunter geht die Kritik sogar so weit, dass Fachgesellschaften vorgeworfen wird, sich nicht an die wissenschaftlichen Regeln zu halten und Empfehlungen zu formulieren, die nicht ausreichend evidenz-basiert seien (Alexander et al., 2014; Wolever, 2002). Beobachtungsstudien dürften niemals als Basis für Empfehlungen dienen, kritisiert Uwe Knop (2013) und untermauert seine Argumente durch ein Zitat der Vorsitzenden des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin Gabriele Mayer: „Beobachtungsstudien sind nicht geeignet, präventive oder therapeutische Empfehlungen abzuleiten.“

Wo sind sie, die hard facts?
Es wäre anmaßend, als Einzelperson alle Ernährungsstudien in all’ ihrer Komplexität auf ihre Aussagekraft hin beurteilen zu wollen: Wurden alle potenziellen Confounder berücksichtigt? Sind die Ergebnisse der Ernährungserhebung valide? War die Hypothese klar formuliert? Ist das ermittelte Konfidenzintervall breit oder schmal? Liegt ein publication bias vor oder gar interessengeleitete Forschung?

Die biomedizinische Wissenschaft gibt aber klare Regeln vor: Es gibt eine Hierarchie von Studien, Korrelation bedeutet niemals automatisch Kausalität, Wirkungszusammenhänge können nur durch Interventionsstudien zweifelsfrei bewiesen werden, harte Endpunkte wie Erkrankung oder Tod sind so genannten Surrogatparametern (z.B. Cholesterinwerte, Blutdruck) überlegen, randomisierte, kontrollierte Studien (RCTs) sind der Goldstandard, und systematische Reviews bzw. Meta-Analysen der Gipfel der Evidenz.

Wie ist es, diese Regeln berücksichtigend, um die Evidenz der Ernährungsinformationen bestellt, mit denen ich selbst seit Jahren hantiere? Ohne Anspruch auf Vollständigkeit habe ich einige unter die Lupe genommen.

Evidenz für Fettmodifikation
Die DGE ordnet und bewertet die vorliegende Evidenz nach Härtegraden. Als „überzeugend“ bezeichnet sie sie dann, „wenn eine erhebliche Anzahl von Studien einschließlich prospektiver Beobachtungsstudien und, wo möglich, randomisierter kontrollierter Interventionsstudien mit genügender Größe, Dauer und Qualität mit konsistenten Ergebnissen vorliegen“. In der Leitlinie „Fettkonsum und Prävention ausgewählter ernährungsmitbedingter Erkrankungen“, die bereits 2006 publiziert wurde, bescheinigte die DGE überzeugende Evidenz den ZusammenhängenGesamtfett, gesättigte Fettsäuren und trans-Fettsäuren und Risikoerhöhung für Dyslipoproteinämie sowie einfach ungesättigte Fettsäuren und die mehrfach ungesättigten FettsäurenOmega-6-Fettsäuren sowie langkettige Omega-3-Fettsäuren und ein vermindertes Risiko für Dyslipoproteinämie.

Omega-3-Fettsäuren senkten mit überzeugender Evidenz auch das Risiko für Bluthochdruck. Nun sind aber Dyslipoproteinämie und Bluthochdruck Surrogatparameter. Dass sie durch Nahrungsfett beeinflusst werden, beweist nicht zwingend, dass die Fette auch das Herz-Kreislauf-Risiko modifizieren.

Für die harten Endpunkte koronare Herzkrankheiten (KHK), Schlaganfall und Krebs ermittelte die DGE nur für zwei Zusammenhänge überzeugende Evidenz: ein reduziertes Risiko für KHK durch langkettige Omega-3-Fettsäuren und ein erhöhtes Risiko für KHK durch trans-Fettsäuren. Wie bereits erwähnt wurden für die Einstufung „überzeugend“ aber nicht nur RCTs, sondern auch Beobachtungsstudien herangezogen.

Ein genauer Blick ins Kapitel Omega-3-Fettsäuren und primäre Prävention der KHK zeigt beispielsweise, dass die als überzeugend eingestufte Evidenz für Risikoreduktion durch langkettige Omega-3-Fettsäuren hauptsächlich auf Ergebnissen von Beobachtungsstudien bzw. Meta-Analysen von Beobachtungsstudien basiert – weil es offenbar wenige RCTs mit Omega-3-Fettsäuren in der Primärprävention von KHK gibt (DGE, 2006).

Evidenz aus ausschließlich RCTs liegt von der Herzgruppe der Cochrane Collaboration vor. Sie publizierte 2012 eine Meta-Analyse von Ergebnissen aus 48 RCTs mit insgesamt mehr als 70000 Teilnehmern mit und ohne Herz-Kreislauferkrankungen, die Fettreduktion oder -modifikation über mindestens sechs Monate als Intervention durchliefen. Ausschließlich harte Endpunkte wurden berücksichtigt (Tod und Herz-Kreislauf-Erkrankungen). Die wichtigsten Ergebnisse: Geringe, aber möglicherweise bedeutende Risikoreduktion für Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch Fettmodifikation, nicht aber durch Gesamtfettreduktion und nur bei Männern, in Studien mit mindestens zweijähriger Dauer. Kein deutlicher Effekt auf die Sterblichkeit. Die Autoren schließen aus ihren Ergebnissen, dass die Empfehlung, gesättigte Fettsäuren zu reduzieren und teilweise durch ungesättigte zu ersetzen, beibehalten werden sollte. Die ideale Art von ungesättigten Fettsäuren sei aber nicht klar (Hooper et al., 2012).

Um noch einmal auf Omega-3-Fettsäuren zurückzukommen: Zwei neuere Meta-Analysen von Interventionsstudien mit harten Endpunkten (Tod und verschiedene kardiovaskuläre Erkrankungen) ermittelten kaum Risikosenkungen durch Omega-3-Fettsäuren, insbesondere das Herzinfarktrisiko war nicht vermindert (Kotwal et al., 2012; Rizos et al., 2012).

Evidenz für 5 am Tag
Fünf Mal am Tag Obst und Gemüse ist möglicherweise die bekannteste Ernährungsregel. Auch sie steht im Kreuzfeuer der Kritik. Wie schaut’s hier aus mit der Evidenz?

Schon die DGE fasst in ihrer Stellungnahme „Gemüse und Obst in der Prävention ausgewählter Erkrankungen“ aus dem Jahr 2012 zusammen, dass lediglich die Evidenz der Zusammenhänge zwischen Obst- und Gemüsekonsum und Bluthochdruck, KHK und Schlaganfall „überzeugend“ seien, für die Risikoreduktion von Adipositas, Typ-2-Diabetes und Krebserkrankungen sei die Evidenz nur „wahrscheinlich“ (Einstufung des Evidenz-Härtegrades „überzeugend“ siehe oben, „wahrscheinlich“ wird vergeben, „wenn die epidemiologischen Studien einigermaßen konsistente Beziehungen zwischen Merkmal und Erkrankung zeigen, aber erkennbare Schwächen bei der verfügbaren Evidenz bestehen oder Evidenz für gegenteilige Beziehung besteht, die eine eindeutigere Bewertung ausschließen.“) (DGE, 2012). Schaut man in die jeweiligen Kapitel, findet man Evidenz für die blutdrucksenkende Wirkung von Obst und Gemüse aus RCTs und Beobachtungsstudien, wenn auch mit teilweise inkonsistenten Ergebnissen. Bluthochdruck selbst ist aber ein Surrogatparameter. Die Evidenz der risikosenkenden Wirkung durch Obst und Gemüse für KHK und Schlaganfall stammt einerseits aus Beobachtungsstudien und andererseits aus RCTs, die aber nicht KHK oder Schlaganfall, sondern wieder nur Surrogatparameter als Endpunkte hatten (DGE, 2012).

Von der Cochrane Heart Group liegt eine Meta-Analyse von 10 RCTs mit 1730 Teilnehmern vor, die keine Herz-Kreislauf-Risikosenkung durch Obst-und-Gemüse-Intervention bestätigen konnte, weil die Studiendauern (drei Monate bis ein Jahr) zu kurz waren und keine klinischen Events eintraten. Bei Surrogat-Risikoparametern wie Blutdruck und LDL-Cholesterin wurden Verbesserungen ermittelt. Um die Wirkung von Obst-und-Gemüse-Konsum in der Primärprävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu bestätigen, seinen weitere Studien nötig, schließen die Autoren (Hartley et al., 2013).

Evidenz gegen Fleisch und für Alkohol
Vertraut sind uns auch die Empfehlung, nicht zu viel rotes und/oder verarbeitetes Fleisch zu essen, sowie die verhaltene Erlaubnis, ein, zwei Achterl täglich „fürs Herz“ zu trinken. In einigen aktuellen Meta-Analysen sind die Zusammenhänge zwischen rotem/verarbeitetem Fleisch und Herz-Kreislauferkrankungen sowie Typ-2-Diabetes beschrieben, stammen aber alle aus Beobachtungsstudien (Feskens et al., 2013; Kaluza et al., 2012; Micha et al., 2012). Dasselbe gilt für die herzschützende Wirkung von Alkohol: Zwar belegt eine Meta-Analyse von RCTs die Verbesserung von Surrogatparametern, allen voran HDL-Cholesterin, durch Alkoholkonsum (Brien et al., 2011), und eine weitere Meta-Analyse ermittelte signifikant niedrigere Risiken für Mortalität, KHK und KHK-Mortalität bei Alkohol-Konsumierenden im Vergleich zu Abstinenten. Diese Daten mit harten Endpunkten stammen aber „nur“ aus Beobachtungsstudien (Ronksley et al., 2011). Hier zeigt sich eine Schwierigkeit der Ernährungsforschung sehr deutlich: Einen RCT mit Alkoholkonsum als Intervention durchzuführen, wäre angesichts der Alkohol-Risiken, allen voran Sucht, ethisch höchst bedenklich.

Fazit
„Da steh ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor“ geht’s mir jetzt wie Goethes Faust. Das stimmt aber nicht ganz. Die Suche nach der Evidenz in der Ernährungsforschung brachte sehr wohl Erkenntnisgewinn: Ich stelle die Ernährungsforschung nicht generell in Frage. Zur Methodik der biomedizinischen Wissenschaft gibt es für mich keine Alternative. Was die Ernährungsempfehlungen diverser Gremien und Gesellschaften betrifft, maße ich mir nicht an, wissenschaftliches Studienmaterial besser beurteilen zu können als sie. Alarmiert von den vielen Querschüsse und Kritiken, heißt es aber als Fachkraft und Multiplikator selbst noch kritischer zu sein und Empfehlungen nicht mehr unhinterfragt zu übernehmen, sondern genauer zu schauen, wie sie zustande kamen, welche Studien verwendet wurden, wie die Evidenzklassen gebildet werden (siehe auch Infos am Ende). Und ich hole Zusatzinformationen ein, vorzugsweise aus der Cochrane Library. Die Cochrane Collaboration genießt sehr hohes Ansehen in der wissenschaftliche Community, ihre systematischen Übersichtsarbeiten sind eine ausgezeichnete Anlaufstelle für evidenz-basierte Informationen (siehe Infos am Ende). Leider ist die Zahl der Reviews zu Ernährungsthemen aber überschaubar. Das liegt auch an dem generellen Problem der Ernährungsforschung, dass es zu wenige große, gute RCTs gibt, ja, geben kann.

Vielleicht täte uns Demut gut. Die Ernährungswissenschaften sind nun einmal eine junge Wissenschaft, und wir stehen vor unglaublich komplexen Fragestellungen. Deshalb ist die Evidenz oft nicht hart, sind Studienergebnisse häufig widersprüchlich und viele Fragen (noch) unbeantwortet. Was natürlich nicht heißt, dass nicht-bewiesene Zusammenhänge nicht existierten, aber die Regeln der Wissenschaft schreiben nun einmal vor, dass wir nur als gesichert bezeichnen dürfen, was entsprechend untersucht und bestätigt ist.

Und dann ist da noch der Blick über den Tellerrand: Gesundheit ist nur ein Aspekt beim Essen. Qualität, ökologische und soziale Nachhaltigkeit in der Produktion, tiergerechte Haltungsbedingungen, Genuss, Freude, soziales Erleben – ich halte das mittlerweile für wichtiger. Und fühle mich auch von Professor Ioannidis (2013) bestätigt: „Wir sollten auch weiterhin andere Ernährungsaspekte erforschen – wie Ernährungssicherheit, Nachhaltigkeit, soziale Ungleichheiten, Hunger und die Auswirkung der Nahrungsmittelproduktion auf das Klima –, die Gesellschaften und Wohlbefinden möglicherweise auf vielfältige Art ebenfalls beeinflussen.“

Infos am Ende
Der Weg von der wissenschaftlichen Evidenz zur Empfehlung ist komplex. Es gilt, die Evidenz nach Validitätskriterien zu ordnen und Ableitungen für die Praxis zu treffen. Die bekanntesten und von Fachgesellschaften am häufigsten verwendeten Kriterien sind jene des Centre for Evidence-Based Medicine Oxford, die Einteilung von SIGN (Scottish Intercollegiate Guidelines Network) und zunehmend das um Einheitlichkeit bemühte GRADE-System (Grading of Recommendations Assessement, Development and Evaluation), auf das beispielsweise die WHO zurückgreift. Einen guten Überblick mit weiterführenden Links gibt’s auf www.cochrane.de/evidenz-empfehlung.

Die Cochrane Collaboration, 1993 gegründet und nach dem britischen Epidemiologen Sir Archibald Leman Cochrane benannt, ist eine internationale gemeinnützige Organisation mit dem Ziel, aktuelle medizinische Informationen und Evidenz zu therapeutischen Fragen allgemein verfügbar zu machen. Sie erstellt nach strengen Regeln systematische Reviews, vorzugsweise von RCTs, die in der Cochrane Library publiziert werden. Die Abstracts sind öffentlich zugänglich, JournalistInnen können einen Fulltext-Zugang anfordern. www.thecochranelibrary.com

Wer sich einen schnellen Überblick über die Evidenz diverser medizinischer (und ernährungswissenschaftlicher) Fragestellungen verschaffen will, dem sei www.medizin-transparent.at empfohlen. Ein Team des Department für Evidenzbasierte Medizin und Klinische Epidemiologie an der Donau-Universität Krems nimmt Pressemeldungen unter die Lupe und prüft sie auf ihren wissenschaftlichen Wahrheitsgehalt. Das Archiv ist mittlerweile umfassend und eine gute, praxisorientierte erste Anlaufstelle auch für Ernährungsfragen.

Fußnoten
(1) Buchtitel von Udo Pollmer und Monika Niehaus
(2) Kommentar von Ulrike Gonder in Novo Argumente vom 30.3.2102 (Zugriff am 13.1.2014)
(3) Kommentar von Uwe Knop in Novo Argumente vom 3.4.2013 (Zugriff am 13.1.2014)

Literatur
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Brien S, Ronksley PE, Turner BJ, Mukamal KJ, Ghali WA. Effect of alcohol consumption on biological markers associated with risk of coronary heart disease: systematic review and meta-analysis of interventional studies. BMJ 2011;342:d636
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Hartley L, Igbinedion E, Holmes J, Flowers N, Thorogood M, Clarke A, Stranges S, Hooper L, Rees K. Increased consumption of fruit and vegetables for the primary prevention of cardiovascular diseases. Cochrane Database Syst Rev 2013;6:CD009874
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Kaluza J, Wolk A, Larsson SC. Red meat consumption and risk of stroke: a meta-analysis of prospective studies. Stroke 2012;43:2556-2560
Knop U. Ernährungsregeln: Wo bleiben die Daten? Novo Argumente, 3.4.2013 (http://www.novo-argumente.com/magazin.php/novo_notizen/artikel/0001328#_edn9, Zugriff am 13.1.2013)
Kotwal S, Jun M, Sullivan D, Perkovic V, Neal B. Omega 3 Fatty acids and cardiovascular outcomes: systematic review and meta-analysis. Circ Cardiovasc Qual Outcomes. 2012;5:808-18
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