Schlachten, die bisher größte Herausforderung: Kaninchen.

Schlachten, die bisher größte Herausforderung: Kaninchen.


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Wir halten – naja: hielten – jetzt auch Kaninchen. Nach Bio-Richtlinien plus. Obwohl wir kein landwirtschaftlicher Betrieb sind, haben wir uns punkto Anforderungen an Stall und Freifläche an die Bio-Richtlinien gehalten. Plus deshalb, weil sie, seit sie groß genug waren, um von den Katzen nicht mehr getötet zu werden, im ganzen Garten herumgehoppelt sind.

Kaninchen sind vielleicht die ökologischste Fleischquelle überhaupt: Fressen ausschließlich Wiese und Küchenabfälle. Von beidem haben wir genug. Im Gegensatz zu Rindern, die auch ausschließlich von Raufutter leben könnten, rülpsen Kaninchen kein Methan (ja, ich weiß, Rinder sind, wenn richtig gehalten, eh auch keine Klimasünder …) Zudem schmeckt ihr Fleisch köstlich.
Alles Gründe, die für uns sehr stark für die Nutztierhaltung von Kaninchen sprachen.

Und weil so viele Gründe für sie sprechen, frage ich mich schon länger, warum so wenige als Fleischtiere gehalten werden. Seit Samstag kenne ich einen fundamentalen Grund: Es ist sauschwer, sie zu schlachten.

Wir haben unseren beiden extra keine Namen gegeben. Sie waren vom ersten Tag an dazu bestimmt, gegessen zu werden. Das war immer und allen gegenüber klar ausgesprochen. Die Kinder haben sie folgerichtig von Anfang an “Butterhaserl” genannt.

Dann kam der Tag der Schlachtung. Und dieses Mal war es schlimmer als bei den Hendln voriges Jahr. Große Anspannung. Wiederholtes gedankliches Durchgehen der mündlichen Anleitungen eines erfahrenen Freundes. Zusätzlich mehrfaches Anschauen eines Youtube-Videos, wie man das Häuten, Ausnehmen und Zerlegen richtig macht. Herrichten des Platzes. Messer schleifen. Noch einmal schleifen, dass es ja gut und vor allem schnell schneidet. Aussuchen eines guten Stocks, der gut in der Hand liegt, die richtige Dimension hat, auf dass der Betäubungsschlag sitzt. Suchen des beliebtesten Futters für eine letzte Freude unmittelbar vor dem Akt. Über allem stand auch dieses Mal der Anspruch, alles zu tun, den Tieren ihren Tod so wenig schlimm wie möglich zu machen.

Und trotzdem war es schlimm. Jedenfalls für uns. Dieser Moment, wenn die Betäubung offensichtlich erfolgreich war, weil der Lidreflex nicht mehr funktioniert, das Tier aber noch so lebendig wirkt, dass die Skrupel fast übermächtig werden, in die Kehle zu schneiden, gleichzeitig aber zu wissen, dass es jetzt sein muss, denn der Betäubungsschlag ist erfolgt und ein Zurück nicht mehr möglich. Das Gefühl, wie das Tier in Deinen Händen sein Leben verliert, nachgibt, schlaff wird. Zu sehen, wie unsere Hände zittern. Zu hören, wie … nichts zu hören ist. Totenstille.

Dieses Mal war das Gefühl am stärksten, das ich bei jeder Schlachtung hatte. Dieses Gefühl, das der Großteil der Fleischesser*innen unbewusst hat (mich inklusive): froh und dankbar sein, dass diese Arbeit (normalerweise) wer andere*r macht.

Danach vollzog sich wie immer und wie immer in erstaunlicher Geschwindigkeit die Transformation vom Lebewesen Kaninchen zum Lebensmittel Fleisch – sowohl optisch als auch emotional.

Nur eines haben wir nicht geschafft: gleich essen. Zuerst einmal kommen die Schlachtkörper in den Tiefkühler. Mit ein wenig Abstand werden wir sie dann essen. (Die Katze hingegen hatte keine Probleme, das Kaninchenherz sofort zu fressen.)

Schlachten wieder einmal. Hendl. Dieses Mal professionell.

Schlachten wieder einmal. Hendl. Dieses Mal professionell.


Das einleitende Warum spare ich mir, das habe ich bereits ausgeschlachtet (uhh! Wortwitz!), nämlich z. B. hier.

Vor kurzem war ich wieder bei einer Schlachtung dabei. Dieses Mal Hendl, Bio-Wildmasthuhn, um genau zu sein. “Wildmasthuhn” ist natürlich ein Euphemismus, denn dabei handelt es sich auch um Hybride mit großem Fleischansatz, was ja punkto Ressourceneinsatz, sprich: Futtermenge, weit nachhaltiger ist, als beispielsweise Bruderhahn-Krewecherl zu mästen. Ja, leider, eine ernährungsökologische Sichtweise führt unweigerlich und immer in die Komplexität. Das bleibt hier jetzt so stehen, denn ich will was erzählen, nicht dozieren.

Wildmasthühner kommen vor allem im Bio-Bereich zum Einsatz und werden normalerweise um die 10 Wochen gemästet. Zum Vergleich: Die konventionellen Turbo-Kolleg*innen werden nach ca. 30 Tagen geschlachtet.

Valentin Seiringer, Spross einer befreundeten Familie, ist ausgebildeter und ausgezeichneter (Bio-) Bauer und experimentiert gerne. Zum Beispiel mit Bio-Masthühnern. Von denen kürzlich wieder eine Partie geschlachtet wurde.

Da Valentin weiß, wie sehr mich das Thema interessiert, hat er mich schon beim ersten Mal vor einem guten Jahr eingeladen, mitzuarbeiten. Ich war damals freudig dabei, und kürzlich wieder.

Als ich in der Früh (meiner Früh *grins!*) auf den Hof kam, war natürlich alles längst aufgebaut und alle Hände schon am Arbeiten: In der Einfahrt standen das elektrische Betäubungsgerät, die Schlachttrichter, die Rupfmaschine und eine große Kiste, bedeckt mit einer Decke, in der die eingefangenen Hendln saßen. Ganz ruhig. Wahrscheinlich, weil sie den Kontakt mit Menschen gewohnt waren. Hier wurden die Hendln von zwei Profis fachgerecht geschlachtet: mittels Elektroschock betäuben, kopfüber in den Schlachttrichter stecken, Kehle mit einem scharfen Messer durchschneiden, ausbluten lassen. Dann ins Heißwasserbad, danach in die Rupfmaschine.

Die Schlachtkörper wurden dann in den Verarbeitungsraum getragen. Dort arbeiteten an einem großen Nirosta-Tisch drei Personen (kurz darauf mit mir vier), deren Aufgabe es war, die Transformation vom Schlachtkörper zum Fleisch zu vollziehen. Das geschah semi-professionell, was nicht so schlimm war, weil die Hendln ja nichts mehr spürten: M. und S. waren schon halbwegs versiert, P. das erste Mal dabei, und ich hatte vom letzten Mal alle Handgriffe wieder vergessen. Beim Ausnehmen des ersten Hendls ist mir gleich einmal die Gallenblase geplatzt. Das ist worst case, denn die giftgrüne Flüssigkeit ist extrem bitter und vergällt alles, womit sie in Berührung kommt.

Ich bin dann aber recht schnell wieder in den modus operandi gekommen. Der geht so: 1. Kopf und Füße (beim Kniegelenk) abschneiden. 2. Kragenloch stechen und Luftröhre ausfädeln. 3. Bürzeldrüse ausschneiden. 4. Unterbauch aufschneiden. 5. Innereien und Gedärm entnehmen. (Das ist sensorisch das Eindrucksvollste: Weil a) Das Hendl ist innen sehr warm. Das kann vom Heißwasserbad herrühren, eher aber – weil im Schlachtkörper selten Wasser drin ist – von der hohen Körpertemperatur der Vögel. Die haben ja, in Menschenmaßen gemessen, Dauerfieber. b) Das Herausziehen der Eingeweide ist oft mit einem schmatzenden oder Flatulenz-ähnlichen Geräusch verbunden. Bei dem wir natürlich immer lachen mussten. c) Manchen Hendln entfährt an diesem Punkt noch eine Portion Kot. Auch da, in dieser Reihenfolge: grausen, lachen, mit dem Schlauch zwischenreinigen.) 6. Die “guten” Innereien (Leber, Herz) ins Töpfchen, die “schlechten” (Galle, Magen, Darm und was es sonst noch gibt, das ich nicht verlässlich identifizieren konnte) ins Kröpfchen, sprich: in den Kübel. 7. Lunge herausfizeln (die beiden Lungenflügel “picken” relativ fest innen am Rücken). 8. Kloake (die 3-in-1-Öffnung am Ende des Hendls) herausschneiden.

Danach wurden die Schlachtkörper gut gewaschen und durchgekühlt, bevor wir sie vakuumverpackt und zur Abholung bereitgemacht haben.

Das gesamte Procedere fand unter Einhaltung aller Auflagen für die bäuerliche Hofschlachtung statt, wenngleich so manches Detail vielleicht eher nach Workaround ausschaut (Wäscheständer!).

Zwischen dem Kühlen und Verpacken haben wir übrigens Mittaggegessen: Hendlschnitzel (ja, die!) mit Erdäpfelsalat. Höchster Genuss! Und während des Ausnehmens haben wir freudig getratscht, gescherzt und gelacht.

Denn ja, das geht zusammen: Tiere töten – nichts Anderes ist eine Schlachtung, auch wenn es “nur” Nutz- und keine Kuscheltiere sind – und ein gutes Gefühl. Tiere, die anständig gehalten und professionell geschlachtet wurden; und in einer Atmosphäre verarbeitet, die die Würde der Tiere wie auch jene der arbeitenden Menschen erhält.

Valentin und Team, ich sage wieder einmal vielen Dank für diesen lehrreichen und, ja, schönen Tag! Und natürlich für die Gegenleistung für meine Mitarbeit: ein feinstes Bio-Wildmasthuhn, jede Menge Lebern und Herzen, ein köstliches Mittagessen und eine Flasche feinstes Rapsöl. Dazu gibt’s hier die Geschichte!

Borschtsch-Liebe

Borschtsch-Liebe


Zeit für einen neuen Blog-Eintrag. Ein Rezept. Aber nur vordergründig. Eigentlich eine Liebeserklärung, eine doppelte.

Nämlich: Im Frühling 2022 zog aus den bekannten, fürchterlichen Gründen die Familie B. bei uns ein. Die B.s sind Mutter I., Tochter K., deren Freund A. sowie Vater A. (der zum Glück zu Kriegsbeginn gerade jobtechnisch außer Landes war). Viel könnte ich über die B.s erzählen, über ihre Integration, das Deutsch Lernen, Studieren, Arbeiten. Darum soll’s hier aber nicht gehen.

Zwischen uns ist eine Freundschaft entstanden. Die B.s sind zwar aus- bzw. weitergezogen, leben jetzt in Wien, kommen aber immer noch oft am Wochenende zu uns. Wir sind sozusagen jetzt ihre Datscha. 😀

Wir passen gut zusammen, haben uns liebgewonnen, es fühlt sich so an, als wäre die Familie größer geworden. Gestern sind die B.s nach längerer Weihnachtspause endlich wieder gekommen, wir hatten uns schon vermisst. Am Abend sind wir zusammengesessen, haben Wein getrunken, geplaudert (mittlerweile überwiegend auf Deutsch) und viel gelacht. Und während ich diese Zeilen schreibe, ist mein Kind bei ihnen drüben spielen. Wie gesagt: feels like family.

Wir lernen auch viel voneinander, und das in beide Richtungen! Und auf vielen Ebenen: Interkulturell. Sprachlich. Kulinarisch.

Um Letzteres soll es hier gehen. Denn die B.s kochen viel, oft, gerne, gut und selbstverständlich (auch) nose to tail. Auch da sind wir uns sehr ähnlich.

Ich habe durch die B.s zwei neue Lieblingsspeisen: Sirniki (leicht gesüßte Laibchen aus Bröseltopfen, Ei und wenig Grieß oder Mehl, in Butter gebraten. Zum Eingraben!). Ja, und Borschtsch.

I. hat mir ihr Rezept verraten, einen Borschtsch mit mir gekocht. Seither habe ich ihn mindestens zehn Mal nachgekocht. Bortschsch ist meine absolute Lieblingswintersuppe geworden. Auch aus ganz praktischen Gründen: Die wichtigen Zutaten Rote Rüben, Karotten, Kraut und Zwiebel sind im Winter fast wöchentlich im Regional-Bio-Kistl. Und Schweinsknochen haben wir dank des viertel bis halben Schweins von den Obergaisbergers auch zur Genüge im Tiefkühler. (Obwohl: Stimmt nicht mehr, das war früher so, mittlerweile hat meine Bortschsch-Liebe die Knochenbestände dezimiert.) Ich kann I.s Rezept mittlerweile auswendig, koche Bortschsch auch schon freestyle und wandle ab, wenn z. B. statt Weiß- Rotkraut da ist oder keine Knochen mehr, und ich stattdessen Schweinsfaschiertes auskoche.

Das Ergebnis ist ausnahmslos immer eine köstliche Wintersuppe: ein bisschen süß von den vielen Rüben, genug sauer durch Paradeiser und Zitronensaft und dank der Schweinssuppe herrlich umami.

Danke, liebe B.s, dass Ihr in unser Leben gekommen seid! <3 Und Euer Bortschsch! 😀

Hier das Rezept (Basis I. B., abgewandelt von mir):

Borschtsch (ca. 3 Liter)

Zutaten:

1/2 kg Schweinefleisch, idealerweise mit Knochen
1,5 l Wasser
Salz
1 Zwiebel
Öl
2 große Rote Rüben
1 Karotte
1/4 Häuptel Kraut
4 Erdäpfel
1 Dose Paradeiser (Ich nehme Polpa.)
1 Lorbeerblatt
Saft 1/2 Zitrone
3 Zehen Knoblauch
Pfeffer

Zubereitung:

Schwein in Salzwasser auskochen bzw. so lange, bis sich das Fleisch von den Knochen löst. (Faschiertes koche ich zirka eine Stunde, Knochen bis zu drei.) Auskühlen lassen. Suppe abseihen und auffangen. Fleisch vom Knochen zupfen, beiseitestellen.

Zwiebel würfelig schneiden, in einem großen Topf in Öl anrösten.

Rote Rüben, Karotte und Erdäpfel grob raspeln. (I. raspelt nur die Rüben und schneidet die Erdäpfel in kleine Stücke, ich bin fauler und jage alles durch die Raspel der Küchenmaschine.)
Kraut fein schneiden.
Alles Gemüse mit dem Zwiebel mitrösten.

Paradeiser zugeben. Mit der Schweinssuppe aufgießen.

Lorbeerblatt und Zitronensaft zugeben.

Köcheln lassen, bis das Gemüse weich ist (ca. 15 Minuten).

Das abgezupfte Fleisch zugeben, Knoblauch pressen und in die Suppe geben, mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Kurz durchziehen lassen. (Laut I. schmeckt Borschtsch am zweiten Tag noch besser.)


Wir haben es getan: unsere Hendln selbst geschlachtet …

Wir haben es getan: unsere Hendln selbst geschlachtet …


… und die Kinder waren dabei.

Meine Einstellung zu Fleischessen und Nutztierhaltung ist im Detail in der Chronologie dieses Blogs nachzulesen; in aller Kürze: wenig Fleisch, dafür beste Qualität, bestmögliche Haltungs- und Schlachtungsbedingungen, Schlachten ist immanenter Teil der Nutztierhaltung.

Wie sehr mich Fleisch, Nose to Tail und Schlachten beschäftigen, ist in der Chronologie dieses Blogs ebenfalls nachzulesen, und dass man Schlachten auch Kinder miterleben lassen kann, wenn es anständig gemacht wird und psychosozial gut eingebettet ist, damit habe ich mich im Rahmen der Schule des Essens sogar ein ganzes Projekt lang intensiv auseinandergesetzt. Selbst geschlachtet habe ich allerdings bis vor kurzem nicht.

Seit wir (wieder) am Land leben, halten wir ein paar Nutztiere (Hendln und Kaninchen). Wir hatten uns vor der Anschaffung darüber verständigt, dass wir es, wenn, dann konsequent machen, also inklusive Schlachtung. Da unsere Hendln nach zweieinhalb Jahren besten Lebens nun aufgehört hatten, Eier zu legen, war der vereinbarte Zeitpunkt erreicht, sie zu schlachten.

Gesetzlich ist das gedeckt (was eigentlich ganz schön arg ist, weil für die Privatschlachtung kein Sachkundenachweis erforderlich ist, nur “[…] die Tötung eines Tieres nur so erfolgen [darf], dass jedes ungerechtfertigte Zufügen von Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwerer Angst vermieden wird.”) Weil wir es anständig machen wollten, habe ich mich gut vorbereitet: Ich war bei zwei Hendlschlachtungen dabei und habe mir den Ablauf genau angeschaut, von einer befreundeten Bio-Bäuerin und Nutztierwissenschaftlerin habe ich es mir in der Theorie erklären lassen, und ein erfahrener Demeter-Bauer hat mir seine ganz speziell tier”freundliche” Art geschildert. Aber selbstverständlich hatte ich es nie GEMACHT. Entsprechend hatte ich großen Respekt und fühlte Verantwortung und Anspannung.

Als Schlachttag wählten wir einen Sonntag, weil da nicht nur meine Familie da war, sondern auch mein Bruder mit Frau und Kind zu Besuch. Wir sagten den Kindern (8 und 6), was passieren würde. Es war ihnen nicht neu, wir hatten mehrfach darüber gesprochen, dass der Tag kommen würde, und auch warum. Unsere Aufregung übertrug sich gleichwohl. Die Kinder sagten, sie wollten das Schlachten nicht sehen, aber das Rupfen und Ausnehmen. Und sie wollten sich verabschieden, wir sollten sie holen, bevor wir die Hühner schlachteten.

Wir bereiteten alles vor: Topf mit heißem Wasser, scharfe Messer, Axt und Hackstock, falls wir Plan B bräuchten. Wir fingen die Hühner ein, sperrten sie in den Stall und gaben ihnen noch eine Handvoll Sonnenblumenkerne, ihr absolutes Lieblingsfutter. Dann riefen wir die Kinder.

Die Kinder sahen die Vorbereitungen, fingen die andächtige Stimmung auf, verabschiedeten sich von Luise und Perle – und sagten, dass sie doch zuschauen wollten. Wir ließen ihnen Zeit, diese Entscheidung zu überdenken/-fühlen, sagten ihnen noch einmal, was passieren würde und könnte, und dass sie jederzeit weggehen könnten. Wir ließen sie auch unsere Gefühle wissen: die Anspannung, die Sorge, es gut zu machen, die Traurigkeit, zwei Tieren in Kürze das Leben zu nehmen.

Die Kinder blieben dabei: Sie wollten dabei sein.

Wir schlachteten also die Hendln im Kreis der Familie. Es herrschte eine andächtige, fast sakrale Stimmung. Sehr viel Ehrfurcht. Und, ja, auch Neugierde, Forscherdrang. Die Kinder schauten ganz genau den Muskeln zu, wie sie noch zuckten, obwohl die Tiere schon tot waren. Sie trugen die toten Körper zum Topf mit heißem Wasser, und stellten dabei fest, dass sie sich tot schwerer anfühlten als lebend. Gemeinsam vernahmen wir den speziellen Geruch der Federn im heißen Wasser. Erstaunt erlebten wir, wie schnell aus Luise und Perle Fleischkörper wurden, die jenen aus dem Supermarkt sehr ähnlich sahen.

Eine Stunde später waren die beiden Hendln im Gefrierschrank. Die Katzen (interessanterweise nur der Kater, die Katze rührte nichts an) hatten die Innereien gefressen. Bis auf ein paar Federn und Blutspuren war im Garten alles wieder wie vorher.

Doch das Erlebnis arbeitete nach, in uns allen. Wir waren traurig. Mir lag noch tagelang, wenn ich in in den Garten ging, das “Hallo Pipis!” auf der Zunge, mit dem ich sie immer begrüßt hatte. Mein Mann schlief in der Nacht nach dem Schlachten schlecht. Und die Kinder stellten am Abend, beim Schlafengehen Fragen. DIE Fragen, die Kernfragen der Nutztierhaltung und des Fleischkonsums:
“Warum töten wir Tiere?”
“Machen wir das auch mit den Katzen?”
“Aber mit Kindern macht Ihr das nicht, oder?!”
Und wir Eltern beantworteten sie so gut wir konnten. An diesem Abend war ich froh, dass ich mich schon so viel mit dem Thema beschäftigt hatte.

Wir haben alle sehr viel gelernt an diesem Sonntag. Mit Hirn, Herz und Händen.

Fotos: (c) Stefan Rathmanner

Klimabonus-Freilandschwein

Klimabonus-Freilandschwein


Ich habe meinen Klimabonus schon bekommen! Und auch, wenn die Reduktion des Fleischkonsums einer der wichtigsten Hebel in der nachhaltigen Ernährung ist, habe ich meinen Kilmabonus in ein halbes Freilandschwein investiert. Gut investiert. Unsere Familienjahresration Schwein. Mit allem drum und dran. Plus: ein Lernanlass, ein großartiger. Und ein soziales Event: Vorgestern haben wir sie geholt, Kaffeetrinken, Apfelstrudel und Plaudern inklusive. Heute rückt die halbe Familie an zum Zerlegen, zum ersten Schweinsbraten morgen kommt dann die ganze. 😀

Große Freude und Danke, dass Ihr das macht, Anja und Mathias! <3
Und Eure Form der Direktvermarktung liebe ich auch sehr!

das kind und das schlachten, teil 1

das kind und das schlachten, teil 1


dass fleisch eines der themen ist, die mich beruflich wie privat am meisten beschäftigen, ist nichts neues. und kaum kehrt wieder ein bisschen normalität ein, geht’s schon wieder darum!

ich gehöre ja zu den menschen, die der meinung sind, dass der mensch tiere nutzen und auch töten darf, wenn er sich darum kümmert, dass die bedingungen während des lebens und rund ums sterben des tieres dessen bedürfnissen gerecht werden bzw. so wenig schlimm wie möglich sind.

seit ich ein kind habe, also seit fünf jahren, kommt ein weiterer aspekt dazu: wie viel tötung kann und darf ich meinem kind zumuten? es macht mir große freude, zu sehen, wie sich mein kind selbst immer weiter an das thema herantastet. natürlich beeinflussen wir eltern es da! wir reden oft und gerne von fleischlichen genüssen, und dass da auch schlachten dazugehört, daraus haben wir nie einen hehl gemacht. unser kind redet davon, dass es gerne hendln halten würde, weil wir dann jeden tag frische eier hätten. es stellt sich aber auch vor, wie aus eiern flauschige küken schlüpfen, um recht bald beim “mmmmhhh, die können wir dann essen!” zu landen. dass der weg übers schlachten führt, ist dem kind bekannt: “da müssen wir dann die a. [eine dem kind gut bekannte arbeitskollegin von mir, nutztierwissenschaftlerin und hendl-schlachtungsauskennerin, anm.] fragen, dass sie uns zeigt, wie man die schlachtet.”

wie präsent das thema bei uns ist, ist mir kürzlich bewusst geworden, als das kind bei einem au-regen-spaziergang fragte, ob man auch weinbergschnecken schlachten könne. mich freut das, ja! denn ich esse gerne fleisch, mein mann isst gerne fleisch, und auch das kind isst gerne fleisch. für uns erwachsene ist qualitität dabei ein entscheidendes kriterium, und seit ein paar jahren stehlen wir uns nicht mehr um die themen schlachtung und nose to tail herum, sondern stellen uns ihnen (kann hier im blog nachverfolgt werden). dass unser kind mit dem verständnis aufwächst, dass fleisch nicht nur gut schmeckt, sondern anständig produziert worden sein muss, und dass dem fleischkonsum auch ein tötungsakt vorausgehen muss, ist uns wichtig. und deshalb freue ich mich, dass das bei unserem kind ankommt. und gleichzeitig freue ich mich, dass ich diesen prozess, wie das ankommt, hautnah miterleben darf!

in den letzten tagen gingen wir wieder einige große prozessschritte: zwei allerliebste menschen, die in kürze bio-bäuerInnen werden, haben ein schwein geschlachtet, das auf ihrem zukünftigen hof eingestellt war. wir hatten uns, als wir das spitzgekriegt hatten, sofort um ein halbes schwein angestellt. das schlachten vor ein paar tagen haben wir (noch) ausgelassen, aber gestern sind wir – vater, mutter, kind – in allerschönster feierlaune aufgebrochen, um unser halbes schwein zu holen. auf der fahrt hin kam schon die frage: “wie wurde das geschlachtet?” die zukünftige bio-bäuerin konnte sie kurz darauf beantworten: es wurde mit gekochten erdäpfeln, die es zu lebzeiten liebend gerne gefressen hatte, aus dem stall gelockt. dann hat der altbauer ihm, während es fraß, mit einem schussapparat ins hirn geschossen, und es ist sofort umgefallen und hat nichts mehr gespürt. dann hat der bauer mit einem großen messer in den hals gestochen und das blut herausrinnen lassen. so ist das schwein gestorben.” das kind lauschte andächtig und zunächst stumm. die fragen kamen erst heute: “hat das dem schwein wehgetan, als der bauer ihm ins hirn geschossen hat?” (ja, kurz schon, aber der schuss ist wie eine narkose, da spürt das schwein kurz einen schmerz, und dann aber nichts mehr.) und “war es da dann gleich tot?” (nein, gestorben ist es erst, als der bauer ihm in den hals gestochen hat und das blut herausgeronnen ist.) nichts davon hat das kind irritiert, und ich maße mir an, das als mutter beurteilen zu können.

vielmehr hatte es große betriebsamkeit, wissensdurst und einige aha-erlebnisse beim zerteilen:
“so groß ist ein herz?! ist das beim menschen auch so groß?”
“ich möchte gerne den sauschädel noch einmal sehen!” (der war besonders faszinierend, weil der länge nach geteilt, weshalb man das innere betrachten konnte: zähne, gaumen, rüssel.)
“ich konzentriere mich jetzt auf die leber und die lunge, weil die spüren sich so gut an!” (siehe foto)
“die leber riecht auch so gut!”
“darf ich die sackerl mit dem blut auswaschen?”

so war das also heute ein festtag:

mit viel demut, die sich in uns breitgemacht hat, als wir unzählige sackerl mit bestem schweinefleisch – selbstverständlich nose to tail! – befüllt, beschriftet, für die weitere verarbeitung vorgesehen und dann eingefroren haben;

mit kulinarischem genuss oder, sagen wir ehrlicherweise, interesse an sauren nierdln und leber, dieses mal im ganzen gebraten (wir hielten uns rezeptemäßig an max stiegls und tobias müllers buch sautanz, siehe foto);

mit viel freude, dass unser kind mit großer neugierde und ohne emotionalen schaden zu nehmen dabei war (und sogar die innereien gekostet hat);

und mit der bestätigung, dass wir in der schule des essens den richtigen weg gehen: kinder und lebensmittel gehören zusammengeführt, und zwar vor allem in der küche, auf dass aus den kindern genussbegabte, qualititätsaffine, kompetente und auch gesunde esserInnen werden können!

bruckfleisch, endlich!

bruckfleisch, endlich!


seit acht jahren reden wir davon. seit der liebste und ich beim lurgbauern eines gegessen haben, das himmlisch geschmeckt hat. der lurgbauer, der uns erklärt hatte, dass bruckfleisch eine herausforderung sei, weil jede ingredienz ihre eigene kochzeit habe. seit damals schwebte es als hehres letztes ziel unserer nose-to-tail-kochambitionen weit, weit vor uns. wenn wir alles andere beherrschten – rahmherz, beuschl, geröstete leber –, dann würden wir uns drüberwagen.

jetzt kam es uns zuvor. und das kam so:

ich schreibe gerade an einer nose-to-tail-serie, für die ich ingo pertramer, mastermind von ochs im glas, interviewt habe. auf meine frage nach dem kulinarischen highlight der zwei rex-wochen antwortete er ohne überlegen: bruckfleisch! weil es phantastisch schmecke, und gar nicht nach innereien.
im zuge der weiteren recherchen kam es mir in diversen kochbüchern immer wieder unter. no na, ist ja ein klassiker der österreichischen küche. so schwierig hat es sich in den rezepten nicht gelesen. als ich dann noch den fleischfred wegen der foodcoop-osterfleischbestellung anrief, bei der gelegenheit fragte, ob wir von ihm auch eine bruckfleischmischung haben könnten und er “selbstverständlich!” antwortete, war der entschluss gefasst: wir haben noch lange nicht alle innereien durch, aber wir ziehen das bruckfleisch jetzt vor!

es zu kochen, war überhaupt keine herausforderung. wir haben es nach manfred buchingers rezept aus seinem schrägen bio-kochbuch (kneipp-verlag 2006) und jenem aus dem kronländer-kochbuch von christoph wagner und adi bittermann (pichler-verlag 2008) gemacht: langes schmurgeln mit viel rotwein und wurzelgemüse, mehr ist es nicht.

es zu essen, war auch keine herausforderung. weil es wirklich ausgesprochen köstlich schmeckt. ich stimme ingo pertramer nicht zu, man schmeckt die innereien schon. das viele süßliche wurzelgemüse nimmt ihnen aber die groben ecken und kanten. mit rotwein und kräutern (und semmelknödel) insgesamt eine sehr, sehr runde sache.

dank der wunderbaren foodcoop-fleischfreundschaft mit dani und fred von der boa-farm war auch die beschaffung keine herausforderung.

dennoch gab es derer drei:

erstens: die ingredienzien zu erkennen, die da aus dem boa-sackerl rutschten. jaja, lacht nur! wer auf anhieb weiß, wie z. b. bries ausschaut, werfe den ersten stein!

zweitens: die zuputzung. wie fein schneidet man die liechteln? muss die leber jetzt von den blutgefäßen befreit werden? die milz aus ihrer haut geschabt? (die einschlägigen kochbücher geben dazu keine auskunft, lediglich bei den milzschnitten für die suppe steht, dass man die milz schaben muss. zum glück war michael vesely vom reisingers gerade online, um mir die milzfrage rasch beantworten zu können: “nur schneiden!”)

drittens: die menge unter die leut’ zu bringen. wir haben in unserer euphorie gleich zwei kilo bruckfleischmischung bestellt (die rezepte sehen jeweils ein kilo vor), dabei gab’s außer uns nur eine fixstarterin. ein schneller rundruf in der erweiterten großfamilie brachte viel feigheit ans tageslicht, aber keine spontanen mitesserInnen. (wir haben dann am nächsten tag noch einmal bruckfleisch geschmaust und darüber hinaus einige gurkengläserladungen an die mutigen unter unseren family and friends verteilt. auch die liebe frau nachbarin, 81, wurde bedacht. “das haben wir früher so gerne gegessen. dass es das überhaupt noch gibt!”)

die fotos sind eine katastrophe, wir haben wieder einmal vor lauter geschäftigkeit und essensfreude aufs fotografieren vergessen. das darf den gesamteindruck aber nicht schmälern: bruckfleisch ist köstlich, das kommt künftig regelmäßig auf den tisch!

zutaten:
2 kg bruckfleischmischung (vom rind), das waren bei uns konkret:
440 g zwerchfell (“kronfleisch”)
100 g aorta (“liechteln”)
330 g herz
350 g leber
100 g bries
460 g milz
(die differenz auf die 2 kilo ist die milz, die wir für milzschnittensuppe abgezweigt haben)
600 g zwiebeln
120 g schmalz
120 g rapsöl (schmalz war leider aus)
1 l rotwein
je 400 g karotten, zeller, pastinaken
4 zehen knoblauch
4 lorbeerblätter
thymian
majoran
salz
pfeffer
2 el mehl

zubereitung:
[wir haben’s im staub-topf gemacht und aus organisatorischen gründen am vorabend, das heißt, unser bruckfleisch gab’s aufgewärmt. ob ihm das gutgetan hat, kann ich nicht sagen, wir haben ja noch keinen vergleich.]
alle fleischigen zutaten in zirka halbzentimeterdicke stücke bzw. scheiben schneiden.
zwiebeln würfeln, in fett hellbraun rösten, mit etwas rotwein ablöschen.
kronfleisch, liechteln, herz und leber zugeben, auch die gewürze. zirka eine stunde zugedeckt in wenig saft schmoren.
in der zwischenzeit das wurzelgemüse grob reiben (haben wir faulerweise die kitchenaid machen lassen).
bries und milz sowie das wurzelgemüse in den topf, mit dem restlichen rotwein aufgießen, aufkochen lassen und auf mittlerer flamme eine weitere stunde zugedeckt schmoren. die fleischigen teile sollten dann alle zart und weich sein. das wurzelgemüse hat sich bei uns zum schluss schön zerkocht und das saucerl angebunden.
die bindung haben wir kurz vorm essen mit ein bissl mehl verstärkt.
dazu gab’s  serviettenknödel.

rinderherz, da will ich mehr!

rinderherz, da will ich mehr!


das ist mit sicherheit der eintrag mit dem schlechtsten bild bisher. dafür ist es endlich wieder einmal überhaupt einer! aufs fotografieren haben wir am samstag leider in der hitze des gefechtes komplett vergessen – unverzeihlicher fehler, aber leider nimmer zu ändern. auf dem bildausschnitt ist zumindest noch ein schüsserl drauf, in dem das rahmherz drin war …

vielleicht gelingt’s mir, unsere begeisterung mit nur worten zu transportieren. hoffentlich. (und auch wenn’s auf den ersten blick nicht so ausschaut, passt dieser beitrag dennoch zum tierfreitag.)

2014 ist ja unser jahr der innereien. leber war schon. dennoch sind wir schwer im verzug, das bruckfleisch schaffen wir heuer sicher nimmer. aber wir sind einen schritt weiter. und was für einen überaus köstlichen, wahnsinn! am samstag war also das rinderherz dran.

1,2 kilo hatte das trumm, es war, wie immer, vom fleischfred, also der boa-farm. (ja, von dem betrieb, wo ich schon schlachten und häuten war. wo rindviecher so gehalten werden, wie es nach meinem ermessen nicht besser sein könnte.) röhren und schläuche fanden wir darin zu meinem großen naturwissenschafterinnen-leidwesen nimmer, die schneidet der fred offenbar vorher heraus (muss ich ihn das nächste mal fragen). eine haut war aber rundherum, die haben wir aus faulheit nicht abgezogen. hat sich im nachhinein auch als nicht nötig erwiesen.

da das rezept (“gespicktes rahmherz”) vom goldenen herrn plachutta spicken vorsah und wir uns, weil ja unsere erste herzerfahrung, streng ans rezept halten wollten, brauchten wir die hilfe unserer 81-jährigen nachbarin, deren wohlsortierte und vielbenutzte küche in einer lade eine spicknadel bereithält. so also zog mein liebster labonca-weißspeck in streifen ins rinderherz.

ebendieses wurde dann beidseitig gesalzen und gepfeffert, und in der geliebten gelben cocotte scharf angebraten, herausgenommen. das rösten ging weiter mit gewürfeltem zwiebel und wurzelgemüse, zum schluss etwas paradeismark. aufgießen mit suppe, herzerl wieder hinein, lorbeerblatt dazu. deckel drauf, ab ins rohr, und zwar drei stunden bei 180 grad. (das goldene originalrezept sieht eindreiviertel stunden vor, arbeitet aber auch mit kalbsherz. das größere, ältere rinderherz brauchte erwartungsgemäß länger.)

jetzt wurde es dann ein bissl trabig, weil der erste gast schon geklingtelt hatte. mein herz also nahm schnell das herzerl wieder heraus und schnitt es in “gefällige stücke” ((c) plachutta). ich rührte in der zwischenzeit ein rahm-mehl-g’machtl in die wurzelsoße (wahnsinns-geschmack, schon vor dem rahm, aber ohne rahm ist’s halt kein rahmherz …), einmal aufkochen, und dann feinst pürieren.

dazu reichten wir, streng nach plachutta, bandnudeln.

und, ich sag’ euch was, ich hab’ schon lang nimmer so eine geschmacksneuerlebnis gehabt!

wie schmeckt herz? ein bissl leberig, aber viel weniger stark wie leber. von der konsistenz sehr, sehr muskulös (nona), aber feinfasrig und nach der langen garzeit unglaublich mürbe. und die soße dazu war überhaupt der wahnsinn.

danke, herr plachutta, für die goldene anleitung! danke, fred und dani, dass ihr so super rindviecher und eure rindviecher so super haltet! und danke an unsere neugierde, die uns wieder einmal eine horizonterweiterung beschert hat, um die’s unedlich schade gewesen wäre, sie sich entgehen zu lassen.

herz ist trumpf!

fleisch 2.0, die nächste: leberpastete

fleisch 2.0, die nächste: leberpastete


fleisch 2.0, der schwerpunkt unseres privaten kochjahres bedeutet, wir probieren tierteile, die an einem ganzen tier eben auch dran sind, die wir aber eher nicht so alle tag’ essen oder wo wir sogar ein bisserl berührungsängste haben. auf jeden fall noch viel zu wenig zubereitung- und verarbeitungskompetenzen. wie zunge. oder leber.

der aktuellste streich: leberpastete. vom schwein. labonca-schwein, eh klar! abgewandelt nach einem rezept aus “die vorratskammer” von ingrid pernkopf und willi haider, pichler-verlag, seite 285.

ich lieeeeeeeeeeebe leberpastete! schon als kind hab’ ich die streichwursthaut mit der nadel perforiert und dann feine streichwurstfäden rausgedrückt und abgeschleckt. mitunter so lange, bis die haut leer war …

heute habe ich meine zweite leberpastete selbst gemacht. (die erste war in mosambik, davon hab’ ich aber keine fotos. ich weiß nur mehr, dass sie sehr grob und nicht soo köstlich war. die heutige ist viel besser. da sei vor allem konsistenzmäßig der geliebten kitchenaid gedankt!)
unmittelbar nach dem frühstück ging’s los. jetzt (in echtzeit: 22:10 uhr) sind die gläser zum sterilisieren im rohr. dazwischen habe ich unzählige andere dinge gemacht. nein, leberpastete ist wirklich keine aufwändige sache!

je ein halbes kilo bauchfleisch (ruhig mit schwarte, wird beim kochen ganz weich) und leber in würferl schneiden. in zirka eineinhalb liter suppe (z.b. aus der selbstgemachten würze) zuerst das bauchfleisch zirka eine stunde, danach die leber zirka 15 minuten kochen. mit einem schaumlöffel herausfangen, und die suppe auf zirka 200 Milliliter reduzieren lassen. suppe abkühlen lassen und dann in den kühlschrank stellen, damit sich das fett absetzt (das braucht man nachher zum abschließen der pastete in den gläsern).

ein großes happerl zwiebel und zwei zehen knoblauch in kleine würferl schneiden und in öl hellbraun rösten. überkühlen lassen.

gewürzmischung bereiten aus gut einem teelöffel salz, reichlich pfeffer, einem teelöffel majoran, einem teelöffel thymian, je drei frisch gemörserten pimentkörnern und gewürznelken sowie zwei esslöffeln honig. (bei mir ist jetzt auch ein bissl vanille dabei, weil ich noch vanillearomatisierten honig vom nusshonig von weihnachten übrig hatte…)

gewürzmischung und zwiebel in den fleischwolf füllen, die gekochten fleisch- und leberstücke nachjagen. (ich hab’ die feine matritze genommen, weil ich leberpastete so fein wie möglich am liebsten habe.) ein zweites mal wolfen.

von der suppenreduktion das fett abnehmen und in ein schüsserl geben. die suppe selbst (sollten jetzt zirka 150 milliliter sein und ist sehr gallertig, wie bratlfettn, ich hab’ sie noch einmal kurz erwärmt zum verflüssigen) zur pastetenmasse gießen, gut vermischen (funktioniert auch am besten in der küchenmaschine).

pastete in saubere schraubgläser füllen, durch vorsichtiges aufschlagen auf eine zentimeterdicke geschirrtuchschicht die luft herausklopfen. zirka zwei zentimeter vom oberen rand freilassen. jetzt mit dem fett abschließen, deckel drauf.

gläser auf ein tiefes backblech stellen, zirka zwei zentimeter wasser zugießen, ins kalte rohr schieben, auf 170 grad einheizen und nach erreichen der temperatur zirka eine stunde sterilisieren. (mit dieser methode habe ich noch keine erfahrungen gemacht, sie stammt von einer alten mostviertler bäuerin, deshalb habe ich großes vertrauen, dass die pastete nicht verderben wird. abgesehen davon wird sie eh nicht lange lagern …)

so, jetzt hab’ ich das rohr gerade abgedreht. wieder in echtzeit (22:25 uhr). ich lass’ sie jetzt einfach über nacht im rohr auskühlen und esse dann morgen zum frühstück ein leberpastetenbrot. yeah! (dass sie köstlich schmeckt, weiß ich natürlich schon, weil ich vorm einfüllen reichlich genascht habe …)

kochen ist total anachronistisch!

kochen ist total anachronistisch!


wie schuppen ist mir das gerade vorher von den augen gefallen, als ich vom büro heimgeradelt bin. richtung homeoffice. was die zunge notwendig machte. die rindszunge. aber chronikalisch:

wir befinden uns jetzt im fleischkonsum 2.0. heißt, wir nähern uns den nicht so alltäglichen teilen von tieren an. geröstete leber war schon, das große ziel ist bruckfleisch, davon sind wir aber noch einige innerein entfernt. derzeit liegt in unserem kühlschrank eine geräucherte rindszunge. die heute ihrer bestimmung, uns zum genusse zu gereichen, zugeführt wird. diverse rezepte sprechen von zwei stunden garzeit, sicherheitshalber rufe ich heute in der früh aber doch noch den fleischfred an. dessen botschaft ist klar: dreieinhalb stunden. und schmeißt alle pläne über den haufen.

um 19:30 uhr kommen die gäste. (dass sie dem ruf der rindszunge alle folgten, hat mich sehr überrascht. das ist aber eine andere geschichte …) die zunge muss also spätestens um 16 uhr simmern. das heißt, eineR von uns muss da schon zu hause sein. wir beratschlagen kurz, für wen homeoffice heute organisatorisch einfacher ist. die wahl fällt auf mich.

und am weg nach hause am radl fällt mir also auf, wie anachronistisch kochen ist. waschmaschinen haben längst einen timer für den startzeitpunkt, damit die wäsche perfekt getaktet fertig wird. heizungen lassen sich fernsteuern. fernsehsendungen zeichnet man auf oder schaut man nach, wenn man zum richtigen zeitpunkt nicht zu hause ist. und kochen? ganz bestimmt gibt es schon herde mit start-timer wie bei den waschmaschinen. abgesehen davon, dass wir nicht so einen haben, wer würde die zunge aus dem kühlschrank nehmen und sie ins heiße wasser legen? wer überprüfen, wann das wasser zu kochen beginnt – und damit start der garzeit ist? und wer würde kontrollieren, ob die suppe eh nur simmert und nicht kocht – und gegebenenfalls zurückdrehen?

nein, kochen geht nur mit persönlicher anwesenheit. und dauert seine zeit. manches mal viel zeit. wie viel, das entscheidet nicht der koch/die köchin, sondern das essen. die rindszunge zeigt mir die zunge. fremdbestimmt, unflexibel, ineffizient. dass es das heute überhaupt noch geben darf!