Schlachten wieder einmal. Hendl. Dieses Mal professionell.

Schlachten wieder einmal. Hendl. Dieses Mal professionell.


Das einleitende Warum spare ich mir, das habe ich bereits ausgeschlachtet (uhh! Wortwitz!), nämlich z. B. hier.

Vor kurzem war ich wieder bei einer Schlachtung dabei. Dieses Mal Hendl, Bio-Wildmasthuhn, um genau zu sein. “Wildmasthuhn” ist natürlich ein Euphemismus, denn dabei handelt es sich auch um Hybride mit großem Fleischansatz, was ja punkto Ressourceneinsatz, sprich: Futtermenge, weit nachhaltiger ist, als beispielsweise Bruderhahn-Krewecherl zu mästen. Ja, leider, eine ernährungsökologische Sichtweise führt unweigerlich und immer in die Komplexität. Das bleibt hier jetzt so stehen, denn ich will was erzählen, nicht dozieren.

Wildmasthühner kommen vor allem im Bio-Bereich zum Einsatz und werden normalerweise um die 10 Wochen gemästet. Zum Vergleich: Die konventionellen Turbo-Kolleg*innen werden nach ca. 30 Tagen geschlachtet.

Valentin Seiringer, Spross einer befreundeten Familie, ist ausgebildeter und ausgezeichneter (Bio-) Bauer und experimentiert gerne. Zum Beispiel mit Bio-Masthühnern. Von denen kürzlich wieder eine Partie geschlachtet wurde.

Da Valentin weiß, wie sehr mich das Thema interessiert, hat er mich schon beim ersten Mal vor einem guten Jahr eingeladen, mitzuarbeiten. Ich war damals freudig dabei, und kürzlich wieder.

Als ich in der Früh (meiner Früh *grins!*) auf den Hof kam, war natürlich alles längst aufgebaut und alle Hände schon am Arbeiten: In der Einfahrt standen das elektrische Betäubungsgerät, die Schlachttrichter, die Rupfmaschine und eine große Kiste, bedeckt mit einer Decke, in der die eingefangenen Hendln saßen. Ganz ruhig. Wahrscheinlich, weil sie den Kontakt mit Menschen gewohnt waren. Hier wurden die Hendln von zwei Profis fachgerecht geschlachtet: mittels Elektroschock betäuben, kopfüber in den Schlachttrichter stecken, Kehle mit einem scharfen Messer durchschneiden, ausbluten lassen. Dann ins Heißwasserbad, danach in die Rupfmaschine.

Die Schlachtkörper wurden dann in den Verarbeitungsraum getragen. Dort arbeiteten an einem großen Nirosta-Tisch drei Personen (kurz darauf mit mir vier), deren Aufgabe es war, die Transformation vom Schlachtkörper zum Fleisch zu vollziehen. Das geschah semi-professionell, was nicht so schlimm war, weil die Hendln ja nichts mehr spürten: M. und S. waren schon halbwegs versiert, P. das erste Mal dabei, und ich hatte vom letzten Mal alle Handgriffe wieder vergessen. Beim Ausnehmen des ersten Hendls ist mir gleich einmal die Gallenblase geplatzt. Das ist worst case, denn die giftgrüne Flüssigkeit ist extrem bitter und vergällt alles, womit sie in Berührung kommt.

Ich bin dann aber recht schnell wieder in den modus operandi gekommen. Der geht so: 1. Kopf und Füße (beim Kniegelenk) abschneiden. 2. Kragenloch stechen und Luftröhre ausfädeln. 3. Bürzeldrüse ausschneiden. 4. Unterbauch aufschneiden. 5. Innereien und Gedärm entnehmen. (Das ist sensorisch das Eindrucksvollste: Weil a) Das Hendl ist innen sehr warm. Das kann vom Heißwasserbad herrühren, eher aber – weil im Schlachtkörper selten Wasser drin ist – von der hohen Körpertemperatur der Vögel. Die haben ja, in Menschenmaßen gemessen, Dauerfieber. b) Das Herausziehen der Eingeweide ist oft mit einem schmatzenden oder Flatulenz-ähnlichen Geräusch verbunden. Bei dem wir natürlich immer lachen mussten. c) Manchen Hendln entfährt an diesem Punkt noch eine Portion Kot. Auch da, in dieser Reihenfolge: grausen, lachen, mit dem Schlauch zwischenreinigen.) 6. Die “guten” Innereien (Leber, Herz) ins Töpfchen, die “schlechten” (Galle, Magen, Darm und was es sonst noch gibt, das ich nicht verlässlich identifizieren konnte) ins Kröpfchen, sprich: in den Kübel. 7. Lunge herausfizeln (die beiden Lungenflügel “picken” relativ fest innen am Rücken). 8. Kloake (die 3-in-1-Öffnung am Ende des Hendls) herausschneiden.

Danach wurden die Schlachtkörper gut gewaschen und durchgekühlt, bevor wir sie vakuumverpackt und zur Abholung bereitgemacht haben.

Das gesamte Procedere fand unter Einhaltung aller Auflagen für die bäuerliche Hofschlachtung statt, wenngleich so manches Detail vielleicht eher nach Workaround ausschaut (Wäscheständer!).

Zwischen dem Kühlen und Verpacken haben wir übrigens Mittaggegessen: Hendlschnitzel (ja, die!) mit Erdäpfelsalat. Höchster Genuss! Und während des Ausnehmens haben wir freudig getratscht, gescherzt und gelacht.

Denn ja, das geht zusammen: Tiere töten – nichts Anderes ist eine Schlachtung, auch wenn es “nur” Nutz- und keine Kuscheltiere sind – und ein gutes Gefühl. Tiere, die anständig gehalten und professionell geschlachtet wurden; und in einer Atmosphäre verarbeitet, die die Würde der Tiere wie auch jene der arbeitenden Menschen erhält.

Valentin und Team, ich sage wieder einmal vielen Dank für diesen lehrreichen und, ja, schönen Tag! Und natürlich für die Gegenleistung für meine Mitarbeit: ein feinstes Bio-Wildmasthuhn, jede Menge Lebern und Herzen, ein köstliches Mittagessen und eine Flasche feinstes Rapsöl. Dazu gibt’s hier die Geschichte!

Die Website bleibt … nachhaltig!

Die Website bleibt … nachhaltig!


Ich wollte diese Seite stilllegen. Und eine neue bauen. Dann bin ich in mich gegangen:

Ja, diese Website ist technisch und ästhetisch veraltet. Eine neue wäre fancier. Das würde aber Zeit, Geld und Energie verschlingen, die ich lieber anderweitig investiere. Außerdem ist es auch im virtuellen Raum nachhaltiger, keine neuen Ressourcen zu verbrauchen.

Deshalb: Diese Seite bleibt! Inhaltlich ist sie aktuell, und das sollte sowieso am meisten zählen!

Bloggen werde ich auch weiter hier.

Ich freue mich über jeden Besuch!

Ernährungsökologischer Öl-Jackpot

Ernährungsökologischer Öl-Jackpot


Ich nehme es mit der ernährungsökologischen, also ganzheitlichen Herangehensweise sehr ernst und suche daher laufend das Gespräch mit Vertreter*innen unterschiedlicher Stufen im Ernährungssystem. So auch mit Produzent*innen. Von denen, genauer aus der Landwirtschaft, kam bisher immer die Information, dass Raps zu den Kulturen gehört, bei denen der Einsatz von Pestiziden hoch und der ökologische Anbau besonders schwierig ist.

Und noch was habe ich bis gestern als gegeben hingenommen: Dass man natives, also kaltgepresstes Rapsöl wie alle nativen Öle außer Olivenöl nicht erhitzen darf, Lipidperoxidation und so.

In beidem wurde ich eines Besseren belehrt, und meine Freude darüber ist groß.

Erstens: Die befreundete Familie S., die ein Umwelttechnik-Unternehmen und eine Bio-Landwirtschaft führt, hat ein Experiment gestartet und im vorigen Spätsommer ein sehr großes Feld Bio-Raps angebaut. (Ja, das habe ich auch dazugelernt: Raps wird schon im Spätsommer angebaut und im Folgejahr im Frühling geerntet.) “Wir haben da sehr vieles richtig gemacht”, hat H. S. gesagt. Nämlich: Einige Tipps von anderen Bios beherzigt, einiges eigenes Hirnschmalz investiert und auch ein bisschen Glück gehabt: Der Bio-Raps ist wunderbar gewachsen, mit niedrigerem Ertrag als im konventionellen Bereich, aber für Bio-Verhältnisse sehr gut. Unlängst wurde er geerntet und gepresst. Herausgekommen ist allerfeinstes natives Rapsöl, rapsig gelb, dezent nussig, kein bisschen bitter.

Zweitens: M., die Betriebsköchin der S.s, kocht seit Monaten mit Rapsöl. Nativem Rapsöl. Das konnte ich mir nicht vorstellen, weil man es ja, wie ich meinte, nicht erhitzen dürfte. Ich fragte also nach. M. meinte, ja, sie habe das in ihrer Gastroausbildung auch so gelernt, sich aber vorsichtig ans Kochen, Braten und Backen mit kaltgepresstem Rapsöl herangetastet und festgestellt: Es geht.
Das musste ich natürlich nachrecherchieren. Denn das wäre extrem super, weil das Thema Standardöl zum Kochen eine offene Baustelle bei mir ist. Olivenöl ist es derzeit und das ist eh sehr okay, aber ein regionales Öl mit noch besserer Fettsäurezusammensetzung (Omega-3!) wie eben Rapsöl wäre mir noch lieber. Nur hatte ich ja bisher geglaubt, natives Rapsöl könne man nicht erhitzen. Und raffiniertes Rapsöl wollte ich nicht, denn das gibt es nicht in Bio-Qualität. Und konventionell kommt mir gerade bei Raps nicht in die Pfanne (Grund: siehe Einleitung)!

Die gute Nachricht: M. hat Recht! Natives Rapsöl kann, wie auch Olivenöl extra vergine, zum Kochen, sanften Braten und Backen verwendet werden. Nachzulesen z. B. hier oder hier.

Disclaimer: Zum Scharf Anbraten (z. B. von Fleisch) eignen sich beide Öle nicht, da braucht’s ein raffiniertes Bratöl oder Butterschmalz, die die Hitze unbeschadet aushalten. Für die Schnitzis, die’s bei uns exakt zwei Mal im Jahr gibt, bleiben wir sowieso beim Schmalz von den Obergaisbergers. Das übrigens weit besser ist als sein Ruf – aber das ist eine andere Geschichte.

Der Grund, warum natives Rapsöl sanft erhitzt werden kann, ist schnell erklärt: Es liegt am Fettsäuremuster. Rapsöl enthält wie Olivenöl viele einfach ungesättigte Fettsäuren (gelber Balken), die sanfte Hitze nicht zerstört. Genau das Fettsäuremuster ist aber auch der Grund, warum mich Rapsöl so begeistert: Es enthält nämlich auch noch reichlich Alpha-Linolensäure (grüner Balken), eine der Omega-3-Fettsäuren, die unangefochtenen Gesundheitsstars unter den Fetten. In Sachen Alpha-Linolensäure gewinnt unter den Ölen natürlich Leinöl, auch Leindotteröl, Hanföl, Walnussöl enthalten viel davon. Die haben aber alle insgesamt viele mehrfach ungesättigte Fettsäuren, weshalb man sie in kaltgepresstem Zustand keinesfalls erhitzen sollte.

Ich bin jetzt also sehr glücklich. Ich habe sozusagen meinen ernährungsökologischen Öl-Jackpot geknackt: Rapsöl in Bio-Qualität, angebaut keine zehn Kilometer von mir, kalt gepresst 13 Kilometer entfernt, das eine super-gesunde Fettsäurezusammensetzung hat, das ich als Standard-Öl in der Küche (zum Kochen, Braten und natürlich für Salate) verwenden kann und das wunderbar schmeckt. Das Einzige, was ich noch nicht weiß, ist, was es kostet. Denn die erste Flasche war ein Geschenk, nein, ein Tauschgeschäft: Ich habe dafür bei der Hendl-Schlachtung geholfen.

Aber auch das ist eine andere Geschichte, zu der in Kürze mehr kommt …

Borschtsch-Liebe

Borschtsch-Liebe


Zeit für einen neuen Blog-Eintrag. Ein Rezept. Aber nur vordergründig. Eigentlich eine Liebeserklärung, eine doppelte.

Nämlich: Im Frühling 2022 zog aus den bekannten, fürchterlichen Gründen die Familie B. bei uns ein. Die B.s sind Mutter I., Tochter K., deren Freund A. sowie Vater A. (der zum Glück zu Kriegsbeginn gerade jobtechnisch außer Landes war). Viel könnte ich über die B.s erzählen, über ihre Integration, das Deutsch Lernen, Studieren, Arbeiten. Darum soll’s hier aber nicht gehen.

Zwischen uns ist eine Freundschaft entstanden. Die B.s sind zwar aus- bzw. weitergezogen, leben jetzt in Wien, kommen aber immer noch oft am Wochenende zu uns. Wir sind sozusagen jetzt ihre Datscha. 😀

Wir passen gut zusammen, haben uns liebgewonnen, es fühlt sich so an, als wäre die Familie größer geworden. Gestern sind die B.s nach längerer Weihnachtspause endlich wieder gekommen, wir hatten uns schon vermisst. Am Abend sind wir zusammengesessen, haben Wein getrunken, geplaudert (mittlerweile überwiegend auf Deutsch) und viel gelacht. Und während ich diese Zeilen schreibe, ist mein Kind bei ihnen drüben spielen. Wie gesagt: feels like family.

Wir lernen auch viel voneinander, und das in beide Richtungen! Und auf vielen Ebenen: Interkulturell. Sprachlich. Kulinarisch.

Um Letzteres soll es hier gehen. Denn die B.s kochen viel, oft, gerne, gut und selbstverständlich (auch) nose to tail. Auch da sind wir uns sehr ähnlich.

Ich habe durch die B.s zwei neue Lieblingsspeisen: Sirniki (leicht gesüßte Laibchen aus Bröseltopfen, Ei und wenig Grieß oder Mehl, in Butter gebraten. Zum Eingraben!). Ja, und Borschtsch.

I. hat mir ihr Rezept verraten, einen Borschtsch mit mir gekocht. Seither habe ich ihn mindestens zehn Mal nachgekocht. Bortschsch ist meine absolute Lieblingswintersuppe geworden. Auch aus ganz praktischen Gründen: Die wichtigen Zutaten Rote Rüben, Karotten, Kraut und Zwiebel sind im Winter fast wöchentlich im Regional-Bio-Kistl. Und Schweinsknochen haben wir dank des viertel bis halben Schweins von den Obergaisbergers auch zur Genüge im Tiefkühler. (Obwohl: Stimmt nicht mehr, das war früher so, mittlerweile hat meine Bortschsch-Liebe die Knochenbestände dezimiert.) Ich kann I.s Rezept mittlerweile auswendig, koche Bortschsch auch schon freestyle und wandle ab, wenn z. B. statt Weiß- Rotkraut da ist oder keine Knochen mehr, und ich stattdessen Schweinsfaschiertes auskoche.

Das Ergebnis ist ausnahmslos immer eine köstliche Wintersuppe: ein bisschen süß von den vielen Rüben, genug sauer durch Paradeiser und Zitronensaft und dank der Schweinssuppe herrlich umami.

Danke, liebe B.s, dass Ihr in unser Leben gekommen seid! <3 Und Euer Bortschsch! 😀

Hier das Rezept (Basis I. B., abgewandelt von mir):

Borschtsch (ca. 3 Liter)

Zutaten:

1/2 kg Schweinefleisch, idealerweise mit Knochen
1,5 l Wasser
Salz
1 Zwiebel
Öl
2 große Rote Rüben
1 Karotte
1/4 Häuptel Kraut
4 Erdäpfel
1 Dose Paradeiser (Ich nehme Polpa.)
1 Lorbeerblatt
Saft 1/2 Zitrone
3 Zehen Knoblauch
Pfeffer

Zubereitung:

Schwein in Salzwasser auskochen bzw. so lange, bis sich das Fleisch von den Knochen löst. (Faschiertes koche ich zirka eine Stunde, Knochen bis zu drei.) Auskühlen lassen. Suppe abseihen und auffangen. Fleisch vom Knochen zupfen, beiseitestellen.

Zwiebel würfelig schneiden, in einem großen Topf in Öl anrösten.

Rote Rüben, Karotte und Erdäpfel grob raspeln. (I. raspelt nur die Rüben und schneidet die Erdäpfel in kleine Stücke, ich bin fauler und jage alles durch die Raspel der Küchenmaschine.)
Kraut fein schneiden.
Alles Gemüse mit dem Zwiebel mitrösten.

Paradeiser zugeben. Mit der Schweinssuppe aufgießen.

Lorbeerblatt und Zitronensaft zugeben.

Köcheln lassen, bis das Gemüse weich ist (ca. 15 Minuten).

Das abgezupfte Fleisch zugeben, Knoblauch pressen und in die Suppe geben, mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Kurz durchziehen lassen. (Laut I. schmeckt Borschtsch am zweiten Tag noch besser.)


Wir haben es getan: unsere Hendln selbst geschlachtet …

Wir haben es getan: unsere Hendln selbst geschlachtet …


… und die Kinder waren dabei.

Meine Einstellung zu Fleischessen und Nutztierhaltung ist im Detail in der Chronologie dieses Blogs nachzulesen; in aller Kürze: wenig Fleisch, dafür beste Qualität, bestmögliche Haltungs- und Schlachtungsbedingungen, Schlachten ist immanenter Teil der Nutztierhaltung.

Wie sehr mich Fleisch, Nose to Tail und Schlachten beschäftigen, ist in der Chronologie dieses Blogs ebenfalls nachzulesen, und dass man Schlachten auch Kinder miterleben lassen kann, wenn es anständig gemacht wird und psychosozial gut eingebettet ist, damit habe ich mich im Rahmen der Schule des Essens sogar ein ganzes Projekt lang intensiv auseinandergesetzt. Selbst geschlachtet habe ich allerdings bis vor kurzem nicht.

Seit wir (wieder) am Land leben, halten wir ein paar Nutztiere (Hendln und Kaninchen). Wir hatten uns vor der Anschaffung darüber verständigt, dass wir es, wenn, dann konsequent machen, also inklusive Schlachtung. Da unsere Hendln nach zweieinhalb Jahren besten Lebens nun aufgehört hatten, Eier zu legen, war der vereinbarte Zeitpunkt erreicht, sie zu schlachten.

Gesetzlich ist das gedeckt (was eigentlich ganz schön arg ist, weil für die Privatschlachtung kein Sachkundenachweis erforderlich ist, nur “[…] die Tötung eines Tieres nur so erfolgen [darf], dass jedes ungerechtfertigte Zufügen von Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwerer Angst vermieden wird.”) Weil wir es anständig machen wollten, habe ich mich gut vorbereitet: Ich war bei zwei Hendlschlachtungen dabei und habe mir den Ablauf genau angeschaut, von einer befreundeten Bio-Bäuerin und Nutztierwissenschaftlerin habe ich es mir in der Theorie erklären lassen, und ein erfahrener Demeter-Bauer hat mir seine ganz speziell tier”freundliche” Art geschildert. Aber selbstverständlich hatte ich es nie GEMACHT. Entsprechend hatte ich großen Respekt und fühlte Verantwortung und Anspannung.

Als Schlachttag wählten wir einen Sonntag, weil da nicht nur meine Familie da war, sondern auch mein Bruder mit Frau und Kind zu Besuch. Wir sagten den Kindern (8 und 6), was passieren würde. Es war ihnen nicht neu, wir hatten mehrfach darüber gesprochen, dass der Tag kommen würde, und auch warum. Unsere Aufregung übertrug sich gleichwohl. Die Kinder sagten, sie wollten das Schlachten nicht sehen, aber das Rupfen und Ausnehmen. Und sie wollten sich verabschieden, wir sollten sie holen, bevor wir die Hühner schlachteten.

Wir bereiteten alles vor: Topf mit heißem Wasser, scharfe Messer, Axt und Hackstock, falls wir Plan B bräuchten. Wir fingen die Hühner ein, sperrten sie in den Stall und gaben ihnen noch eine Handvoll Sonnenblumenkerne, ihr absolutes Lieblingsfutter. Dann riefen wir die Kinder.

Die Kinder sahen die Vorbereitungen, fingen die andächtige Stimmung auf, verabschiedeten sich von Luise und Perle – und sagten, dass sie doch zuschauen wollten. Wir ließen ihnen Zeit, diese Entscheidung zu überdenken/-fühlen, sagten ihnen noch einmal, was passieren würde und könnte, und dass sie jederzeit weggehen könnten. Wir ließen sie auch unsere Gefühle wissen: die Anspannung, die Sorge, es gut zu machen, die Traurigkeit, zwei Tieren in Kürze das Leben zu nehmen.

Die Kinder blieben dabei: Sie wollten dabei sein.

Wir schlachteten also die Hendln im Kreis der Familie. Es herrschte eine andächtige, fast sakrale Stimmung. Sehr viel Ehrfurcht. Und, ja, auch Neugierde, Forscherdrang. Die Kinder schauten ganz genau den Muskeln zu, wie sie noch zuckten, obwohl die Tiere schon tot waren. Sie trugen die toten Körper zum Topf mit heißem Wasser, und stellten dabei fest, dass sie sich tot schwerer anfühlten als lebend. Gemeinsam vernahmen wir den speziellen Geruch der Federn im heißen Wasser. Erstaunt erlebten wir, wie schnell aus Luise und Perle Fleischkörper wurden, die jenen aus dem Supermarkt sehr ähnlich sahen.

Eine Stunde später waren die beiden Hendln im Gefrierschrank. Die Katzen (interessanterweise nur der Kater, die Katze rührte nichts an) hatten die Innereien gefressen. Bis auf ein paar Federn und Blutspuren war im Garten alles wieder wie vorher.

Doch das Erlebnis arbeitete nach, in uns allen. Wir waren traurig. Mir lag noch tagelang, wenn ich in in den Garten ging, das “Hallo Pipis!” auf der Zunge, mit dem ich sie immer begrüßt hatte. Mein Mann schlief in der Nacht nach dem Schlachten schlecht. Und die Kinder stellten am Abend, beim Schlafengehen Fragen. DIE Fragen, die Kernfragen der Nutztierhaltung und des Fleischkonsums:
“Warum töten wir Tiere?”
“Machen wir das auch mit den Katzen?”
“Aber mit Kindern macht Ihr das nicht, oder?!”
Und wir Eltern beantworteten sie so gut wir konnten. An diesem Abend war ich froh, dass ich mich schon so viel mit dem Thema beschäftigt hatte.

Wir haben alle sehr viel gelernt an diesem Sonntag. Mit Hirn, Herz und Händen.

Fotos: (c) Stefan Rathmanner

Essen (und Leben) mit Kindern

Essen (und Leben) mit Kindern


Mit Kindern gut zu essen (und zu leben) ist bei mir sowieso Dauerthema. Aus aktuellem Anlass beschäftigt es mich aber gerade sehr intensiv. Und kürzlich habe ich mich sehr gefreut. Es war sozusagen Erntezeit, soll heißen: Anhand kleiner Alltagsereignisse ist mir klargeworden, dass die Theorie des guten Essens mit Kindern in der Praxis funktioniert.

Das Schönste daran: Es passiert ohne Anstrengungen, ganz nebenbei!

Ich kenne ein Kind, das hat am Wochenende folgendes fabriziert:

Das sind die Pizzen (falls es die geneigten erwachsenen Leser*innen nicht gleich checken)!

Ich ziehe folgende Schlüsse daraus:

  • Das Kind ist kreativ, es erfindet coole Spiele.
  • Das Kind verarbeitet Alltagserlebnisse im Spiel – ein gutes, gesundes kindliches Verhalten.
  • Dem Kind ist Upcyceln vertraut. Es erschließt sich Abfälle als Spielmaterial.
  • Das Kind hat kulinarische Kompetenz (Pesto! Geröstete Zwiebel! Oliven! Sardellen!)
  • Das Kind hat wirtschaftliche Kompetenz (Preisgestaltung!).
  • Im Getränkeuniversum des Kindes kommen Limonaden nicht vor.
  • Das Kind stellt Querverbindungen zur digitalen Welt her, die Kompetenzen dazu kommen von selbst (werden explizit nicht gefördert!).

Und das macht mich gerade alles sehr froh.

Update: Am nächsten Tag beim Mittagessen ging das Ernten und Frohsein weiter:

“Magst du Erdäpfellasagne?”
” Ja.”
“Magst du Vogerlsalat dazu?”
“Ja.
“Magst du auch Schwammerl?”
“Ja.”
“Magst du auch Brokkoli?”
“Ja.”

“Was ist in dem Schüsserl?”
“Ananaskompott. Als Nachspeise.”
“Yeah!”

Klimabonus-Freilandschwein

Klimabonus-Freilandschwein


Ich habe meinen Klimabonus schon bekommen! Und auch, wenn die Reduktion des Fleischkonsums einer der wichtigsten Hebel in der nachhaltigen Ernährung ist, habe ich meinen Kilmabonus in ein halbes Freilandschwein investiert. Gut investiert. Unsere Familienjahresration Schwein. Mit allem drum und dran. Plus: ein Lernanlass, ein großartiger. Und ein soziales Event: Vorgestern haben wir sie geholt, Kaffeetrinken, Apfelstrudel und Plaudern inklusive. Heute rückt die halbe Familie an zum Zerlegen, zum ersten Schweinsbraten morgen kommt dann die ganze. 😀

Große Freude und Danke, dass Ihr das macht, Anja und Mathias! <3
Und Eure Form der Direktvermarktung liebe ich auch sehr!

fleisch und gesundheit. oder: schon wieder zu kurz gedacht!

fleisch und gesundheit. oder: schon wieder zu kurz gedacht!


eine neue studie wurde an mich herangetragen. was sie für einen beitrag zur fleischdiskussion liefern könne, bat man mich, zu beurteilen. habe ich gerne gemacht. nur, jetzt habe ich so viel adrenalin in mir, dass ich es mir noch runterschreiben muss:

es handelt sich nicht nur um eine studie, die im november 2019 in den annals of internal medicine, einem doch recht renommierten fachmagazin, publiziert wurde. sondern auch gleich um neue empfehlungen für den fleischkonsum. verfasst und ausgesprochen vom Nutritional Recommendations (NutriRECS) Consortium. rezipiert in zahlreichen medien. (zur verteidigung der forscherInnen: so explizit, wie es einige medien dargestellt haben, haben sie es – wie so oft – nicht formuliert!) sinngemäß: leute, esst weiterhin so viel rotes und verarbeitetes fleisch wie bisher, es wird euch nicht schaden!

was haben die wissenschaftlerInnen gemacht? sie haben sich eine vielzahl an studien zum konsum von rotem und verarbeitetem fleisch und dessen gesundheitliche auswirkungen angeschaut. soweit ich das beurteilen kann, eine gut gemachte arbeit. herausgefunden haben sie, dass die evidenz, also die beweislage, für den zusammenhang zwischen konsum und negativen auswirkungen schwach ist. (oh wunder! das ist er, wie bereits vielfach beklagt, nicht nur von mir, sondern auch von ganz großen koryphäen wie professor ioannidis, eh bei fast jeder ernährungsfrage!) und dass, weniger fleisch zu essen, nur mit geringen gesundheitlichen benefits einhergeht.

aus diesen ergebnissen leiten sie ihre empfehlungen ab. die da lauten: “we suggest that individuals continue their current consumption of both unprocessed red meat and processed meat” und fügen in klammer dazu: “both weak recommendations, low-certainty evidence”. und das heißt so viel wie: leute, esst weiterhin so viel rotes und verarbeitetes fleisch wie bisher, aber diese empfehlung ist eine schwache, denn die evidenz dafür ist schlecht.

es ist jetzt also scheinbar so: die evidenz, dass ein hoher fleischkonsum gesundheitlich bedenklich ist, ist schlecht. die evidenz, dass er unbedenklich ist, ist genauso schlecht. da steh ich nun, ich armer tor, …

bis hierher finde ich das alles mäßig spannend, denn es überrascht mich überhaupt nicht. was aber unter “other considerations” kommt, bringt mein blut in wallung: “The panel […] decided that issues of animal welfare and potential environmental impact were outside the scope of this guideline.”

es ist halt wie (fast) immer in der ernährungsforschung: man schaut sich an, wie (un)gesund xy ist, findet heraus, dass man es nicht genau sagen kann, weil die beweislage so schlecht ist. dann ringt man sich zu einer halbseidenen empfehlung durch, mit der man die leute wahlweise traktiert oder amnestiert. die wirklich wichtigen fragen aber, die bleiben unangetastet, weil sie “outside the scope” sind.

es ist aber eben nicht “outside the scope”, wie viel fleisch wir essen! der menschliche fleischkonsum ist nichts weniger als das größte problem der welternährung! deshalb ist es unverantwortlich, in nordamerika, der fleischvielfraß-gegend schlechthin, die empfehlung auszusprechen, nichts am fleischkonsum zu ändern, und sich mit einem lapidaren “outside the scope” aus der verantwortung zu stehlen!

einfache lösungen für komplexe probleme hat es noch nie gegeben! der fleischkonsum ist ein hochkomplexes problem. und “animal welfare and potential environmental impact” müssen selbstverständlich mitgedacht werden!

freundInnen differenzierter problembetrachtung und vor allem lösungsansätze empfehle ich eat-lancet! und jetzt gehe ich meinen kichererbsensalat voller nachhaltigem eiweiß essen!

[bildnachweis: screenshot der website der annals of internal medicine]

der mann und das räuchern, teil 1

der mann und das räuchern, teil 1


der liebste wollte die halbe sau unbedingt haben. nicht, dass ich was dagegen gehabt hätte, aber die initiative ist von ihm ausgegangen. seit wir sie geholt haben, oder eigentlich schon länger, tüftelt er nun also herum, wie wir sie verarbeiten. selchen war vorige woche dran. ich freue mich sehr, dass es ihn nicht nur gefreut hat, die selcherei durchzuführen, sondern auch, sie festzuhalten. weil, was herausgekommen ist, ist das allerbeste geselchte, das ich jemals gegessen habe! schon beim kosten der geselchten suppe (die ich für die beilagen-grießknödel verwendet habe), habe ich bemerkt: die würze ist viel feiner, viel ausgewogener, viel raffinierter, als ich das jemals bei einem geselchten geschmeckt habe. gleichzeitig ist es von einer viel dezenteren salzigkeit als alle bisherigen. kurz: der mann kann selchen, großartig, danke, mein liebster!

und jetzt bin ich still, und der klaus ist dran:

still war es da, das reserl. und ich dachte mir, schmeckt ihm wohl nicht, mein selbstgepökeltes, selbstgeräuchertes, selbstgekochtes, selbstlos hergerichtetes stück vom schwein. und dann sagte sie, die theres: pfoa oder so was ähnliches (was man nur lautmalerisch widergeben kann) und dann wahnsinn, das ist das beste geselchte, das ich jemals gegessen habe!

dazu muss man wissen: das fleisch von einem für den eigengebrauch gemästeten schwein (keine edelrasse oder so, aber mit sorgfalt gefüttert und vor allem: behutsam ins jenseits gebracht). und: theres mag kaum mehr schweinefleisch. würste ja, schweinsbraten ja ja, aber sonst nicht so ihres.

ich dagegen liebe geselchtes (kaltgeräuchert) und luftgetrocknetes schweinefleisch (und fett – eh klar). würste sowieso und schweinsbraten und backerl und stelze. aber vor allem gutes bauernbrot, feinen most und ein stück geselchtes. (mag ich genausogern wie ein frugales mahl à la rousseau, das aus würzigem käse, gutem weißbrot und schwerem rotwein besteht).

daher nahm ich, nachdem wir die schweinshälfte geholt hatten, ein paar stücke zur seite und sagte ihnen, dass ich mit ihnen gern was probieren würde. was ich ihnen nicht sagte, war, dass es nichts außergewöhnliches, gänzlich neues sein würde, sondern was schon millionenfach erprobtes, nur für mich halt neu. sie willigten ein.

fünf teile waren es. was ich mit vieren von ihnen anstellte, verrate ich nicht, aber eines wollte ich auf jeden fall kalträuchern. (was man an dieser stelle wissen muss: ich wollte ja mit meinem verehrten herrn nachbarn, der sein fleisch selber pökelt und bei einem freund selchen lässt, mitrennen, sozusagen. daraus wurde nichts, weil der das nur im dezember macht und unsere halbe sau ende mai schon da war.)

also ab ins weltweite, weil ich wollte unbedingt auch kaltselchen. und wurde schnell fündig bei zwei deutschen youtubern, die das mit einem kugelgrill machten (juhu, meine liga). nur, die machten das im winter. ich ließ mich aber nur kurz entmutigen, denn auch sommernächte konnten kühl genug sein, um es im kugelgrill nicht lauschig warm werden zu lassen (maximal 25 grad celcius). dachte ich mir und gogoduckte gleich mal das wetter. es gab mir auftrieb (wohl als einzigem weit und breit), dass der juni recht kühl sein sollte.

also würzte und pökelte ich streng nach anleitung, ließ es durchbrennen und glitt mit hohem glücklichkeitsniveau auf der vorfreude dahin …

dann, nach ca. 2 wochen, wurde mir mitgeteilt, dass das wetter jetzt zwar nicht sonnenschein, aber vong der temperature her mild sein würde. um ehrlich zu sein, ich hatte die 2 wochen schon an notfallplänen gearbeitet (natürlich nicht in der arbeitszeit!). einer war, das schöne stück einfach warm oder heiß zu selchen. was ich dann auch einfach tat. aber nicht so, wie ich es normalerweise angehe, nämlich reproduzierbar (weil ich bin ja immer auf der suche nach der für MICH perfekten methode). die unreproduzierbarkeit kam daher, dass mein thermometer plötzlich die mitarbeit verweigerte und ich also nicht genau wusste, ob im kugelgrill warm oder heiß.

die zweite schwierigkeit bescherte ich mir selber, da ich es nicht mehr erwarten konnte und stante pede genau in diesem moment loslegen musste. da es abend war, hieß das, dass die selcherei dann ohne mich fertig machen sollte. ich im bett und schwein in der kugel. kurzum: ich stahl mich aus der verantwortung und ließ die kugel mit der ganzen sache allein.

wie ihr euch denken könnt, hustete mir die kugel was und ließ die glimmenden räucherspäne einfach ausgehen – vor der ausgemachten zeit.

als ich das in der früh bemerkte, schimpfte ich die kugel zuerst, gab ihr dann aber (ich will es mir ja nicht mir ihr verscherzen) ein versöhnungsküsschen (ja, innigkeiten zwischen uns sind aus verständlichen gründen eher eine kühle angelegenheit). wie auch immer, ich wusste nicht, ob das gute stück schwein schon durch war und googelte in meinem hirn nach alternativen, es dennoch so bald wie möglich verschmausen zu können. es machte bald (nicht gleich) pling und die lösung war da. wir würden es nicht zur jause kalt essen, sondern gekocht. mit grießknödel von der madame und warmem sauerkraut aus dem supermarkt.

das taten wir und wenn ihr wissen wollt, wie es weiterging, dann scrollt nach oben zum textanfang und beginnt einfach von vorne … (ein hund kam in die küche) …