fleisch ist mein fleisch!

fleisch ist mein fleisch!


nachdem er’s im märz dann sogar bis in die zeit geschafft hat, haben wir’s ende mai endlich zu ihm nach großmugl geschafft: zum schillinger in sein wirtshaus, in dem er vegane hausmannskost serviert.

nach lektüre der speisekarte war schnell klar, was wir essen würden: die hausplatte mit fünferlei verschiedenen fleisch- und wurschtigkeiten. unsere erwartungshaltung war hoch, hatte uns doch jemand – zugegeben, nicht der größte gourmet unter der sonne – erzählt, dass man fast keinen unterschied zu echtem fleisch merke. wir haben also die verputzt (umfang siehe foto 1), dazu noch eine portion backhendlsalat, einmal wildragout, und danach noch einen burger (wir waren zu viert!). mehr hatte leider nicht platz, die neugierde wäre noch hungrig gewesen.

mein resümee: gemüse ist mein gemüse, und fleisch ist mein fleisch! das war vorher so, und das das bleibt weiterhin so.
ich liebe veganes essen: in olivenöl geschmorte melanzani, tabbouleh, hummus, curries, und und und. immer wieder passiert es mir, dass ich beim kochen draufkomme, dass ich grad was definitionsgemäß veganes koche – ohne dass ich mir das vorgenommen hätte.
und genauso liebe ich fleisch. roh, gebraten, geschmort, gebacken, das innere wie das äußere.
ich verstehe die vorteile von “sojafleisch”. und wer es als mittel zum zweck nutzt, seinen/ihren fleischkonsum zu drosseln, genießt meinen vollen respekt. für mich ist es nicht die lösung. weder geschmacklich noch aus dem aspekt der nachhaltigkeit. “Die Grundprodukte für die Imitationsküche werden aus Taiwan importiert. […] Bei der aufwendigen Produktion wird dabei Sojaeiweiß eingekocht und durch riesige Vakuumextruder gejagt, danach wird der daraus entstandene Brei zu fleischartigen Stücken geformt und schockgefroren”, steht im zeit-artikel. wäre interessant, die ökobilanz ausrechnen zu lassen und beispielsweise mit den rindern von der boa-farm von dani wintereder und fred zehenter (ja, da kommt auch bald noch mehr dazu!) zu vergleichen, die ihr ganzes leben nur gras fressen, roh, als heu oder siliert, das der mensch sowieso nicht verwerten kann.

gut statt viel, das ist meine lösung. wieder einmal. wie immer eigentlich.

 

“wann wird es wieder so schön, wie es früher nie war?”

“wann wird es wieder so schön, wie es früher nie war?”


meiner lieben freundin marlies, wissenschaftliche leiterin des forum. ernährung heute und weggefährtin seit unserem dritten semester ernährungswissenschaften, ist es zu verdanken, dass eben diese institution immer wieder über den tellerrand der “klassischen” ernährungswissenschaft hinausblickt. (für ihr magazin war ich bei den labonca-freilandschweinderln und kürzlich bei den galloway-rindern auf der boa-farm.)
das jährlich stattfindende symposium trug heuer den titel “markt. wert. wahrnehmung. was ist essen wert?” es fand gestern (5.6.2013) statt. und es war eine der besten, wenn nicht überhaupt die beste fachtagung, auf der ich jemals war.
der bogen spannte sich von der ökonomischen defintion, was “wert” ist, über preispolitik von lebensmitteln, den wert der biologischen sortenvielfalt, der geringschätzung von lebensmitteln, abgelesen an den mengen, die davon im müll landen – oder im günstigeren fall der gemeinnützigkeit zugeführt werden (z.b. der wiener tafel). dann ging’s noch um historische und sozio-kulturelle aspekte des wertes und der wertschätzung von lebensmitteln und um die werbung und ihre beeinflussung unseres werteempfindens von lebensmitteln.

ich habe gelernt (chronologisch), …
… wie der höhere preis für bessere qualität erklärbar ist und dass er nicht nur daher rührt, dass unternehmen und/oder handel das qualitätsbewusstsein einer gewissen kundenschicht mit höheren gewinnspannen ausnutzen.
… dass in zeiten der donaumonarchie der binnenmarkt 51 millionen menschen groß war und die struktur der österreichischen lebensmittelverarbeitenden betriebe auf diese zeit zurückzuführen ist.
… dass nach den beiden weltkriegen der markt plötzlich extrem geschrumpft ist und mit dem eu-beitritt 45 prozent der österreichischen lebensmittelverarbeiter eingegangen sind.
… dass österreichische lebensmittelverarbeiter im eu-vergleich zwerge sind, in der regel familienunternehmen und ganz schön ums überleben kämpfen.
… dass es mais, also kukurutz, als kulturpflanze nur gibt, weil im richtigen moment menschen zur stelle waren. kukurutz war eine spontanmutation, und hätten nicht menschen ihn kultiviert, hätte er sich niemals verbreitet.
… dass die am häufigsten weggeschmissenen lebensmittel gewürze sind, die für ein bestimmtes gericht/gebäck gekauft und dann nie wieder gebraucht werden.
… dass man vorträge halten kann, bei denen sich die zuhörer eine stunde lang keine sekunde langweilen, sich laufend vor lachen schütteln und mehr mitnehmen als aus fünf anderen vorträgen zusammen.
… dass mc donalds 1991 diesen werbespot geschaltet hat, der damals eine totale überstreckung war. heute ist dieses idyllisieren normalzustand.
… dass es in der lebensmittelbranche leute (zumindest einen menschen = der welt-vortragende) gibt, die der meinung sind, die branche hätte ein kommunikationsproblem und man solle den konsumentInnen endlich die wahrheit sagen!
… dass er das damit begründen, dass “pressure groups” wie foodwatch, peta etc. “nur” den ist-zustand zeigen müssen, um die konsumentInnen “skandal!!!” schreien zu lassen.
… dass den konsumentInnen vor lauter idyllisierungen die realität fast nicht mehr vermittelbar ist.
… dass ein auto – dem in der lebensmittelwerbung verbreiteten “früher-war-alles-besser!”-paradigma folgend – wie folgt beworben werden müsste: “jetzt wieder mit seilzugbremsen!”
… dass man mülltauchend, also das essend, was vor allem supermärkte wegschmeißen, ohne festen wohnsitz und überhaupt konsum weitestgehend vermeidend (100 euro pro monat) so leben kann, dass man es selbst als luxus bezeichnet, möglichst wenig am herrschenden produktions- und verteilungssystem teilzuhaben.
… dass geschmack beim essen schwerer wandelbar ist als kunstgeschmack.
… dass dieser geschmackskonservismus umso stärker ist, je statusträchtiger ein lebensmittel ist. und dass das der grund ist, warum die leute fast nicht dazu zu bewegen sind, weniger fleisch zu essen.

(das zitat aus der überschrift stammt übrigens aus dem vortrag von ulrich nöhle von der tu braunschweig, dem sensationellen vortragenden, der uns unmittelbar nach dem mittagessen eine ganze stunde lang nicht in den verdauungschlaf fallen ließ.)

danke für einen herrlich spannenden tag, an dessen ende mir das hirn geraucht und das herz gebrannt hat!

bei siebeck in der zeit

bei siebeck in der zeit


ist zwar schon ein zeitl aus, aber im zuge der homepage-neubastelung bin ich wieder drauf gestoßen: wolfram siebeck hat unser oma-kochbuch aufgegriffen! besonders freundlich ja nicht. “Die Besser-Esser. Wolfram Siebeck über Kochbücher, die nicht weniger als die Welt retten wollen”, geht das gepolter schon im titel los. später dann: “[…] wirklich beeindruckend ist der Haufen von gebundenen Ratschlägen wie Schlank ohne Diät, Nie wieder XXL, Stressfood, Das Kloster-Kochbuch, Omas Bio-Küche, Scheidungskinder verraten ihre Lieblingsrezepte und Ähnlichem, hinter denen man nicht zu Unrecht Ahnungslosigkeit, Obskurantismus und mangelndes Sprachtalent vermuten darf, […]”

jetzt mag man über omas bio-küche aus verschiedenen gründen geteilter meinung sein. (ich finde selbst ja das cover … ich sag’ nur i-stock-foto … und ein österreichisch vegetarisch ist es auch nicht, weil ja großmütterliche alltags- und keine kochmeisterrezepte, und weil mini-budget und deshalb family&friends-teilweise-amateur-gemeinschaftsproduktion.) “mangelndes sprachtalent”, das darf herr siebeck natürlich subjektiv so empfinden. so subjektiv, wie ich finde, dass seine kolumne ziemlich schlecht geschrieben ist. ich glaube allerdings, dass er die bücher gar nicht gelesen hat. aber egal, kommen wir zum letzten urteil: “ahnungslosigkeit und obskurantismus”. das kränkt mich überhaupt nicht. weil von dem weiß ich, dass es für unser buch schlichtweg falsch ist.

wer jetzt neugierig geworden ist und das buch noch nicht kennt: es ist vergriffen und wird nicht neu aufgelegt. leider!

haben wir alles falsch gemacht?

haben wir alles falsch gemacht?


kürzlich bat mich ein freund, gut-, nachhaltig-, gerne- und low-carb-esser, um meine meinung zu obiger publikation (volltext). das ist sie:

lieber …,
das paper, das du mir geschickt hast, hat für mich (und wohl auch für dich) kaum neuigkeitswert: man kann der wissenschaft oft auch nicht trauen, weil sie selektiv (und interessengeleitet) forscht und argumentiert, fett ist besser als die ernährungswissenschaft das lange dargestellt hat, lebensmittel auf einen nährstoff herunterzubrechen wird niemals dem mehr-als-die-summe-der-teile-prinzip gerecht und es gibt keine guten und schlechten lebensmittel, man kann aber jedes in gutem oder schlechtem licht betrachten.
die autorInnen kommen klar aus der pro-fett-und-fleisch-fraktion. leider haben sie sich für mich ins out geschossen, als sie begonnen haben, pflanzen(-öl)-bashing zu betreiben. und auch der hinweis, makrele hätte die doppelte menge an kalorien und gesättigtem fett wie schwein, ist mir zu plump.
fazit: ich gebe ihnen inhaltlich über weite strecken recht, es wäre aber fein gewesen, die argumentation nicht so plump pro-fleisch zu fahren. abgesehen davon fehlen aspekte wie produktionsbedingungen vollkommen. und jener, dass high meat sich weltweit einfach nicht ausgeht und wir lieber vom recht auf fleisch weg- denn darauf zusteuern sollten.
liebe grüße,
theres

lieblingsessen-empirie (nachtrag …


… zum geschmacksalon)

ich fange jeden kinderworkshop mit folgenden drei fragen an (ja, auch aus forschendem interesse, klar!)
1. wie heißt du?
2. was isst du am liebsten?
3. was ist dein lieblingsgetränk?

folgende nennungen kamen am sonntag (n = 25, nicht alle haben alle fragen beantwortet):
[1. tut hier nichts zur sache]
2. “kann ich nicht sagen, ich ess’ so vieles gerne” (5), palatschinken (2), grießnockerlsuppe (1), paradeissuppe (sic!) (1), pommes (1), pizza (1), spaghetti (1), schnitzel (1)
3. apfelsaft (10), nicht näher bezeichnete fruchtsäfte (5), orangensaft (2), wasser (1), cola (1, ich schwöre!), andere limonaden (0, ich schwöre noch einmal!)

ich find’ das sehr interessant …

warum michael pollan mein feind sein müsste, es aber nicht sein kann


michael pollan ist endlich bei mir eingezogen. und benimmt sich ganz schön anmaßend. “ich stellte fest, dass die [ernährungs-]wissenschaft in wirklichkeit sehr viel weniger über ernährung weiß, […]” und noch vieles böse mehr sagt er über mich und meine profession.* dabei ist der nur ein journalist, ich bin die ernährungswissenschaftlerin!
aber fühle ich mich jetzt in meiner professionalität gekränkt? kann ich gar nicht! michael pollan spricht mir aus dem herzen, aus der seele, sogar aus dem hirn und vor allem aus dem bauch. er hat einfach recht!

lest das!
food rules – an eater’s manual, zu deutsch: 64 grundregeln essen: essen sie nichts, was ihre großmutter nicht als essen erkannt hätte (btw: bitte dem link folgen, dann aber woanders bestellen, z.b. bei anna jeller!)
in defense of food – an eater’s manifesto, zu deutsch: lebensmittel – eine verteidigung gegen industrielle nahrung und den diätenwahn (btw: siehe oben!)

* aus dem vorwort der 64 grundregeln: “Aber trotz all des wissenschaftlichen und pseudowissenschaftlichen Ernährungsgepäcks, das wir uns […] aufgeladen haben, wissen wir immer noch nicht, was wir essen sollen.” oder “Ich stellte fest, dass die Wissenschaft in Wirklichkeit sehr viel weniger über Ernährung weiß, als Sie möglicherweise erwarten – dass die Ernährungswissenschaft eigentlich eine, um es einmal freundlich zu sagen, sehr junge Wissenschaft ist.”

heute: freude! und warum auf gutem boden das beste wächst


der kinderworkshop wirkt nach. zum einen freue ich mich sehr, sehr über die positive resonanz, allen voran jene von doris knecht. (nein, ich kenne sie nicht persönlich, und diese erwähnung war kein freundschaftsdienst, sondern offenbar echte begeisterung.)
zum zweiten freue ich mich, weil die arbeit mit den kindern nachhaltig frohmachend war. gut, ich gebe zu, das soeben abgeschlossene laufen in der sonne, macht die reflexion auch heller. trotzdem. wenn man sich dieser tage umschaut – regional, national und weltweit –, dann hat man eh nicht viel zum freuen. weil das aber für (mein) seelenheil so wichtig ist, konzentriere ich mich also jetzt ganz auf das gute.

das erste gute ist kärnten. und dass ich das einmal schreiben würde, hätte ich nie geglaubt. deshalb gleich doppelte freude.

das zweite gute sind die nachwehen vom workshop vorige woche, wie ja oben schon erwähnt. aber da geht’s noch ein bissl weiter. beim laufen kommen einem ja immer so gedanken. mit kindern zu arbeiten, war bisher immer freudig. ich bin ja generell eine menschenfreundin, und kinder sind mir die allerliebsten menschen. dennoch: der workshop hätte sich auch so entwickeln können, dass als resümee geblieben wäre: die kinder können nix (mehr) schmecken, sie bevorzugen aromatisierten fraß, und sie interessieren sich auch nur für fast food. aber das war nicht der fall. im gegenteil! großes interesse, große begeisterung, hohes qualitätsbewusstsein. das ist doch schön!

meine gedanken streiften weiter. viele der rückmeldungen gehen in die richtung: man muss bei den kindern anfangen mit dem gespür für gutes essen, weil wenn sie’s von anfang an kriegen, dann bleibt’s ihnen für immer. ich sehe das genauso. als wissenschaftlerin wie als gesellschaftsmitglied. ich wurde ja esstechnisch von meiner oma sozialisiert. mit gemüsegarten-regional-saisonal-frisch-küche. meine lieblingsspeisen als kind waren linsen mit semmelknödel sowie dillsoße mit selbiger beilage. ok, und das paprikahendl von der oma. mit zerkochten bandnudeln, davon habe ich mich ausnahmsweise wegentwickelt. die regional-saisonal-frischkoch-oma und ihr kochsalat mit erbsen waren auch der grund für unser kochbuch (omas bio-küche im kneipp-verlag) und überhaupt auch, warum ich essenstechnisch jetzt so drauf bin. meine beiden brüder wurden nur mehr teilsozialisiert von der oma, weil die mutter, als es dann drei von unserer sorte gab, doch ein zeitl zu hause blieb und selbst den kochlöffel schwang. von diesen beiden brüdern ist einer eh schon lange selber kochend. der andere, dereinst der begnadeste das-kleinste-fuzerl-zwiebel-aus-der-homogensten-soße-isolierer und -abscheider, genereller gemüseverweigerer und noch vor gar nicht allzu langer zeit dem thema essen hauptsächlich mit wurschtigkeit begegnender, hat mittlerweile ein biokistl abonniert, schloss sich jüngst katharina seisers meinung über die nicht-zufriedenstellende qualität der schwedenbomben an (ein erdrutsch, vergleichbar mit dem jüngsten in kärnten) und tut neuerdings sogar selber wurschten. was ich damit sagen will: der gute boden ist das wichtigste. da wächst dann einfach das beste drauf. auch wenn’s vielleicht einmal ein paar ([post-] pubertäre) jahre dauert.

mein klaus, noch mehr kind der 70er als ich, ist ja davon überzeugt, dass sich die umweltbewegung in österreich sozusagen children-up entwickelt hat. zumindest behauptet er, dass in seiner familie er es war, der als schüler die mülltrennung von der schule nach hause gebracht und daheim eingeführt hätte. sagen wir, es war so. und sagen wir, das funktioniert mit dem qualitätsbewusstsein beim essen analog. oh, ich freue mich!

kinder lieben echtes fruchtjogurt


nach vielen lehreinheiten mit meinen mosambikanischen studentInnen habe ich diese woche wieder einmal mit österreichischen kindern gearbeitet. es war mir eine große freude!

zuerst hab’ ich sie mit grünem o-saft, in würfel geschnittenem apfel, augenbinden und kluppen auf der nase beim schokoladeessen und anderen gemeinheiten sensorisch hinters licht geführt. dann sind sie mir drehbuchkonform in die erdbeerjogurtfalle getappt: das geschmacklose rosa im umgefüllten erdbeerbecher wurde einstimmig als erdbeerjogurt erkannt, das aromatisierte weiße hat sie dann gänzlich verwirrt.

beim selber-pantschen (und pantschen war’s, wie das abgelaufen ist) gewann dann das vanillejogurt mit ausgekratzter schote und echtem zucker. das aber nur, weil die echte-erdbeer-honig-gruppe zu sparsam mit dem honig war, die echte-erdbeer-zucker-gruppe hingegen zu großzügig mit dem zucker. die beiden aromatisierten, gefärbten jogurts haben ihnen zwar am meisten spaß beim pantschen gemacht, geschmacklich sind sie aber durchgefallen. gut so!

nächste station: getreide erkennen und kosten. haferflocken waren easy, mehl und reis gingen auch noch, sogar langkorn und rundkorn wussten einige zu unterscheiden. “den nimmt man für risotto, oder?” yes! bei grünkern, buchweizen und quinoa war dann aber schluss, das hatte noch niemand jemals gegessen. ganz herrlich aber war, dass fast alle fast alles gekostet haben.

apropos kosten: balsamicoessig und olivenöl gab’s zum verkosten aus der pipette (wegen dem wissenschaflichen flair, mit dem ich mich umgeben wollte). den essig musste ich ihnen wegnehmen, den hätten sie mir sonst ausges***! süß-sauer lieben offenbar auch die kinder. beim olivenöl spürten sie brav das kratzen im hals. dass das ein qualitätsmerkmal ist, darauf hat mich in der pause sogar die frau schulküchenbedienstete angeredet, die offenbar recht große lauscher gekriegt hat während meiner ausführungen.

salatmarinade im schüttelglas wurde zur tanzveranstaltung: shake it, shake it! das waschen und vor allem das trocknen der blätter ergab ein herrliches bild: elf kids mit je einem geschirrtuch bewaffnet trocknen, auf einen speisesaal verteilt, zwei happerl salat. mit einer akribie! aber ich hatte ja auch gesagt, das geheimnis eines richtig guten salats seien neben der marinade gut getrocknete blätter. die marinade-chefs durften mischen. “wie?” – “mit den händen!” – “echt?!” m. meinte dann beim essen: “ich brauch’ keine gabel, ich tu’ gleich mit den händen weiter!”

dann kamen die jubelschreie, als klar wurde, dass wir spaghetti kochen. dass die bolognese-soße eine alla lenticchia sein würde, trübte die vorfreude wieder gewaltig. sehr gefreut hat mich allerdings, dass es beim erklären, warum linsen statt fleisch (stichwort: veredelungsverluste) minutenlang still war und sie an meinen lippen hingen. (sonst war’s vom geräuschpegel her ohne unterbrechung wie kindergeburtstag bei mc d.) die zwiebel-gruppen erregten große sorge bei der begleitlehrerin, hatten mir aber so überzeugend versichert, dass sie schon einmal zwiebel geschnitten hätten, dass ich sie gewähren ließ. die soßen-chefin schwang den kochlöffel, und sie machte das sehr gut. auch das abschmecken war ihr gut gelungen, m., der ober-marinator, stand ihr zur seite. die nudel-chefin überwachte die al-dentigkeit. auch super. die parmesan-gruppe rieb indessen den käse frisch. “wir sind feinspitze, und wir wollen nicht irgendwelche nudeln kochen, sondern die besten!” hatte ich ja anfangs als credo ausgegeben. und die deko-gruppe faltete sogar serviettenblumen.

zum schluss aßen ALLE spaghetti alla lenticchia. und das war großartig, denn mindestens die hälfte hatte bei linsen anfänglich “bähhh!” geschrien. die meisten attestierten ihnen köstlichkeit. und nicht ein/-e einzige/-r war dabei, der/die sie ungenießbar fand. ok, “die linsen schmeckt man überhaupt nicht raus.” und “mir schmeckt das sehr gut, weil so viel parmesan drauf ist.” streife ich trotzdem als erfolg ein!

es war herrlich! mehr davon! sponsoren bitte melden!

[aus gründen des schutzes ihrer persönlichkeitsrechte gibt’s hier keine fotos von den teilnehmenden kindern.]

[das projekt wurde übrigens am bg/brg wieselburg durchgeführt und von der schule – via subventionen, soweit ich weiß – und durch eine förderung des landes niederösterreich finanziert.]

etiketten, pferde und multidemensionen


eigentlich wollte ich mich ja zurückhalten und meinen senf nicht dazugeben. heute ist das fass aber übergelaufen.

ich habe gestern im radio gehört, dass unser österreichischer “pferdefleischskandal” in deutschland “etikettierungsskandal” heißt. das finde ich viel besser. erstens weniger reißerisch und zweitens passender. es geht ja nicht darum, dass pferdefleisch das problem wäre. gut, das pferdefleisch, um das es im aktuellen skandal geht, scheint wirklich problematisch zu sein. aber medial wird ja auf einer ganz anderen ebene diskutiert.

“würg!!!” antwortete kürzlich jemand auf meine frage, wem ich denn von meinem gang zum fleischhauer eine leberkäsesemmel mitbringen soll. normalen leberkäse, zu dem zeitpunkt war von pferd noch keine rede. leberkäse = grauslich. was das alles zerschreddert, vermantschkert und zusammengepickt wird, zum schluss sind da auch noch schweinsaugen und knorpel drin. würg! und in deutscher dönerfleischmasse fand man angeblich katzen-, hunde- und nagerfleisch. das ist ja noch viel mehr würg. so wird gerade diskutiert. und das streift das problem nur.

wer ein bisschen weiter schaut, ortet, dass pferdefleisch grundsätzlich gar nicht grauslich ist. bisweilen wird sogar seine ernährungsphysiologische erhabenheit  herausgearbeitet. ja, eh. aber auch das ist wieder nur ein aspekt.

die armen pferde!  mein lieblingsargument! mir waren pferde ja schon immer als leberkäse am liebsten. die pferdenarrischheit vieler kindheitsfreundinnen hat mich nachhaltig traumatisiert. gut, ich gebe zu, das ist auch unqualifiziert und als argument unbrauchbar. aber: es ist nicht nachvollziehbar, dass bei pferden und noch viel mehr bei katzerln und hundsis alle “oh gott! die armen!” schreien, bei ratten, mäusen, meerschweinchen “pfui!” und bei schweinen, rindern, hendln “mmhhhh!”. es ist leicht erklärbar, warum, aber nicht, dass es so ist.

etikettierungsskandal ist deshalb viel passender, weil eben nicht das pferdefleisch das problem ist. gutes, also tiergerecht gehaltenes, ebenso gefüttertes und respektvoll getötetes pferd in maßen ist in jeder ernährungshinsicht voll ok. das problem, und da stimme ich auch voll und ganz zu, es als “skandal” zu titulieren, ist, dass man den leuten was verkauft, wo nicht drin ist, was draufsteht. und wo nicht draufsteht, was drin ist. aber selbst das ist immer noch weit nicht genug der diskussion.

der skandal, wie auch immer er genannt wird, hat viele ursachen: massentierhaltung, preisdruck für die produzentInnen, viel zu hohe nachfrage nach fleisch, konsumentInnenwunsch nach billigem, um ein paar zu nennen. folglich sollte er auch multidimensional diskutiert werden. vor allem aber müssen die lehren und veränderungen, die dem skandal hoffentlich folgen werden, seiner multidimensionalität gerecht werden. darum ersuche ich alle beteiligten: politik, produzentInnen, verarbeiterInnen, konsumentInnen.

konventionalisierung


pfuh, hab’ ganz schön viel gelesen in letzter zeit. und geschrieben. und recherchiert. den bio-schmäh von clemens arvay zum beispiel. oder den bio-bluff von hans-ulrich grimm. und noch zirka zehn titel, die in ein ähnliches horn stoßen. weiters veranstaltungen besucht, wo’s auch unausweichlich ein thema war: die konventionalisierung von bio.

was ich genau davon halte, da bin ich mir immer noch nicht ganz sicher. ich weiche dem lieber aus und sage das: die konventionalisierung von bio ist ja nur ein trend. es gibt aber auch einen anderen. mir geht eine wortmeldung einer teilnehmerin einer diskussionsrunde nicht mehr aus dem kopf. sie fasste meine erklärungen, was bio bedeute, resigniert zusammen: „das heißt also, ich muss auf vieles verzichten.“ ja, so kann man es sehen.
ich sehe es aber ganz anders, und viele sehen es wie ich: wir sehen nicht den verzicht, sondern die freude. (dass verzichten notwendig ist, um überhaupt genießen zu können, bleibt hier undiskutiert.) wir sehen uns nicht als außenstehende verbraucherInnen, sondern wollen die nähe zu den produzentInnen, zum teil sogar selber anbauen und ernten, und das essen, was in der nähe und in der jahreszeit eben da ist. wir wollen die tiere streicheln, die wir später essen. manche von uns wollen sie sogar selber schlachten. wir wollen einfachheit, freuen uns am puren geschmack der guten qualität. wir mögen das überschaubare sortiment und einkaufen ohne langes suchen und mühsame entscheidungen. wir suchen die langsamkeit, wollen sie spüren beim einkaufen, zubereiten und essen. ein tratscherl mit der marktfrau, rezepte austauschen im bio-laden. wenn ich bei brigitte im hofladen einkaufe, bin ich nicht selten eine ganze stunde drin, weil wir uns so viel zu erzählen haben. wir wollen fair bezahlen, weil sich nur ein faires geschäft gut anfühlt.
unsere zeichen sind nicht zu übersehen: guerilla-gardening, gemeinschaftsgärten in der stadt, gemüse-züchtungen auf balkonen und terrassen, kräutergärten auf fensterbrettern, brotbackkurse, einkoch-workshops, slow food.
jetzt gerade, während ich diese zeilen schreibe, ist franz wirth auf lieferreise in wien. er bringt mir die nächste ration sonnenschwein-produkte, bleibt auf einen kaffee und ein tratscherl, und ich gebe ihm als dankeschön fürs liefern selbstgemachte bitterorangenmarmelade mit.

bio-romantik? aber ja! wir wollen genau die romantik, wegen derer wir mitunter belächelt werden. und wir lächeln zurück. weil wir herausgefunden haben, dass es diese romantik gibt und dass sie glücklich macht.